Dienstag, 26. September 2017

Gleichberechtigte Erfüllung galaktischer Erwartungen

Alfred Kinsey /Quelle: Wikipedia
Seit rund 70 Jahren wird sie intensiv betrieben: Die Sexualaufklärung.
Sie begann mit einem gewissen Alfred Kinsey, Ende der 1940-er Jahre, der den Mitbürgern die ersten Forschungsergebnisse über ihr Geschlechtsleben präsentierte. Da er bereits damals erkannte, dass der lebenszeitliche Entfaltungszeitpunkt sexuellen Verlangens bei Männern und Frauen weit auseinanderliegt, verfasste er seine Daten in zwei Bänden: einer über die Sexualität des weiblichen, einer über die Sexualität des männlichen Geschlechts.

Die sich im Laufe folgender Jahre  immer weiter entwickelten gesellschaftlichen Normen führten zu einer starken Liberalisierung und Enttabuisierung der sexuellen Sphäre, die sogar in einer Reform des Sexualstrafrechts  Ausdruck gefunden hat: Streichung des  Paragraphen 175 StGB / Bestrafung von Homosexualität, (in der DDR eigentlich schon 1957 ausgesetzt, um dann 1994 im Zuge der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und der Zusammenführung ihrer Rechtssysteme endgültig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen zu werden).

In den 1960-er und 1970-er Jahren taten die sexual-Aufklärer der Nation ihr Bestes. So beispielsweise  Oswalt Kolle mit seinen Aufklärungsserien, Büchern und insbesondere mit seinen Aufklärungsfilmen oder  Beate Uhse, die von anfänglichem „Versandhaus Beate Uhse“, wo Kondome und Bücher zum Thema „Ehehygiene“ angeboten wurden bis zum ersten Sexshop der Welt schaffte.
Dann die Zeitschrift BRAVO, die  ursprünglich aktuelle Informationen über Stars aus Musik, Fernsehen behandelte, um dann ab 1969 mit „Dr. Sommer“ und seinem Team ihr Repertoire mit Beantwortung der Fragen von Jugendlichen zur Sexualität zu ergänzen. Viele heutige Erwachsene sollen ihre sexuelle Aufklärung fast vollständig den Artikeln des Dr. Sommer zu verdanken haben. Seit 2013 betreibe die Zeitschrift auch Beziehungs-und Sexualberatung.   

Quelle: Wikipedia
Die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern verpflichtet Verantwortliche, bei allen Vorhaben die unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen von Frauen und Männern zu analysieren und ihre Entscheidungen so zu gestalten, dass sie tatsächlich zur Gleichstellung UND ihrer Akzeptanz beitragen.
Das beginnt beim Thema Sexualität schon in den Schulen.
So wird an zahlreichen Schulen im Sexualkundeunterricht die Vielfalt sexueller Orientierung und das Recht auf selbstbestimmte geschlechtliche Identität behandelt. Netzwerke wie das Netzwerk LSBTTIQ (lesbische, schwul, bisexuell, transsexuell, transgender, intersexuell, queer) geht mit dem Ziel einer gleichberechtigten Repräsentanz der Geschlechter und Anerkennung einher.

Quelle: Wikipedia
Dokumentationen sollen Jugendlichen  in Sache Sex UND Liebe beistehen.
Sehr bekannt in diesem Zusammenhang wurde die Dokumentation „Make Love - Liebe machen kann man lernen“, der Sexologin und Paartherapeutin Ann-Marlene Henning. Sie trifft  sich in ihren Sendungen nicht nur mit Kindern und Jugendlichen, sondern auch mit Paaren zwischen 20 und 100. Je nach Altersstufen werden dann entweder explizite Sex-Gespräche (ein Penis-Vulva-Projekt) geführt - denn je besser die Aufklärung, desto später „das erste Mal“ so die  Sexologin - oder über Beziehungs-und Sexleben von Paaren  diskutiert.

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Organ-Begriffe wie GLIED und SCHEIDE sind schon aus den Anfangszeiten des Jugend-Aufklärers Dr. Sommer geläufig, aktueller sind Penis, Vulva, Vagina. Funktionelle Begriffe wie PENETRATION und ORGASMUS kamen hinzu.

Dem reinen Sex, reduziert auf die Auslösung eines Befriedigungsgefühls und erfolgreichen Orgasmus, gewährt die heutige Gesellschaft einen breiten Spielraum.

Wir leben im digitalen  Zeitalter und ausgeklügelte sexuelle Digital-Technologien stehen praktisch vor der Tür: Sex mit Roboter, Teledildonics als  ferngesteuerte Dildos bzw. ein Gerät mit einem weiblichen Gegenstück ausgestattet, das den Geschlechtsverkehr als solcher stimulieren soll, digitale Orgasmusunterstützung oder ein Vibrator mit Fernbedienung wie der „OhMiBod blue Motion“  der Erfinderin Suki Dunham, mit dem ein Mann eine Frau elektronisch stimulieren könne, selbst wenn er sich auf der anderen Seite der Welt aufhält … etc., etc.
 Man kann schon sagen: Die Verantwortlichen in der Digital-Technologie berücksichtigen die sexuelle Gleichberechtigung von Frauen und Männern  bei der Erfüllung galaktischer Erwartungen.

Quelle:123rf
Könnte womöglich die sexuelle Digital-Technologie den Tod von analogem Sex einleiten, dem Sex bei dem es um Sympathie oder Antipathie zu einem Menschen geht und ob man sich sexuell zu ihm hingezogen fühlt? Es ist kaum zu glauben!
Damit aber beim analogen Sex galaktische Erwartungen für sie und ihn gleichermaßen in Erfüllung gehen, sei laut Sexologen nach wie vor Aufklärungsarbeit notwendig.

Brisantes Thema dabei seien die Aspekte des sexuellen weiblichen Entfaltungszeitpunkts namens ORGASMUS, der immer noch erklärungsbedürftig zu sein scheint.


Quelle: Wikipedia
Vielleicht wäre es angebracht, in Schulen damit anzufangen, neben expliziten Sex-Gesprächen, Dokumentationen à la „Make Love“, auch ein Film wie „HARRY und SALLY“ vorzuführen.
Da gibt es eine Szene, die in die Filmgeschichte eingegangen ist: einen VORGETÄUSCHTEN ORGASMUS. Harry behauptet, ihm könne keine Frau einen Orgasmus vorspielen. Sally spielt ihm dann auf der Stelle, in dem Delikatessen-Restaurant wo sie sie sich gerade befinden, einen Orgasmus so eindrucksvoll vor, dass anschließend eine ältere Dame am Nebentisch „genau das, was sie hatte“ bestellt  - „I’ll have what she’s having“, eins der besten Filmzitate aus US - Filmen aller Zeiten.

Erwähnenswert wäre dann auch, woran sich Regisseur Rob Reiner später  bei einer Test-Vorführung des Films erinnerte: die anwesenden Frauen lachten darüber, die Männer aber waren still.
Warum wohl? Weil Frauen mit der Szene Altbekanntes in ihrem  Umgang mit der Sexualität vorgeführt worden und Männern erst der Groschen gefallen sei?!

„Harry und Sally“ ist  ein Film von 1989.
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Die Zeiten haben sich geändert. Immer früher wollen Jugendliche Sex haben, nie war das Wissen der Teenager umfangreicher- sollte man meinen.
Und doch ist die Verunsicherung groß.


Die US-Autorin Peggy Orenstein hat eine Praxis von Beratungs- und Aufklärungsarbeit.
Bei einer Befragung von Jugendlichen, wie oft ihre Partnerinnen einen Orgasmus gehabt haben sollen, wenn sie auf eine Party betrunken mit ihnen schnellen Sex gehabt haben, antworteten die Jungs: Beinahe immer. Auf die Frage, ob der Orgasmus der Partnerin  womöglich nur vorgespielt gewesen sein könnte, bekam Frau Orenstein eine 1989-e Harry-mäßige Antwort: „ So etwas würde sie nie tun“. Und ein darüber gefragtes Mädchen sagte dann: „Wahrscheinlich spielen ihnen ihre Partnerinnen tatsächlich nichts vor“.
Laut Frau Orenstein bedeute dies nichts anderes, als dass die Mädchen wahrscheinlich nicht wüssten, wie sich ein Orgasmus anfühlt (…) weil sie im Umgang mit der eigenen Sexualität unerfahren seien und sich folglich auf die Erfüllung sexueller Wünsche ihrer Partner konzentrieren würden.

Aktuelle Statistiken zeigen, dass sogar die sexuell wache Frau von  heute, aus verschiedenen Gründen Orgasmus mal vortäuscht -  aus Mitgefühl, um den Partner zu bestätigen oder um seinen Orgasmus zu beschleunigen, wenn man die Sache schnell hinter sich bringen will.

Quelle:123rf
Und trotz allem! Für eine möglichst lustvolle Zukunft hat der analoge Sex gar nicht so schlechte Karten.

Die gesellschaftlichen Normen entwickelten sich immer weiter und mit ihnen auch der sexuelle Bereich.
   
So ist beispielsweise heute ein Urteil, wie 1966, unvorstellbar. Damals entschied der BGH  (AZ.:  IV ZR 239 / 65), dass ein Mann in der Ehe ein Anrecht auf Orgasmus habe, ob echt oder vorgespielt:
“Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen (…) versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen“.

Es ist aber auch kaum zu glauben, dass ein Roboter oder diverse ferngesteuerte Utensilien so programmiert sein könnten, dass sie imstande wären, die Kontrolle über unsere Sinne, Gefühle und Sexualität zu übernehmen, wie das beim analogen Sex verschiedene Areale unseres Gehirns es tun.  Denn das würde liebe Programmierer heißen, die Algorithmen koordiniert unsere Empfindungen UND die chemisch-biologischen Vorgänge des Organismus berechnen zu lassen:
- wenig Serotonin beisteuern, um die Aufmerksamkeit eines verliebten Menschen nur auf den potentiellen Partner zu konzentrieren
 - für ein hohes Dopamin-Niveau sorgen, damit beim  Anblick des potentiellen Partners Empfindungen wie Antrieb, Aufmerksamkeit, Interessiertheit, freudige Erwartungen schöner Umstände ausgelöst werden
- an Oxytocin denken, das den Körper für Gefühle wie wohlige Nähe, Geborgenheit, das  Gefühl tiefer Zuneigung mobilisieren kann  
- Testosteron, Östrogen unbedingt miteinbeziehen, für die Kontrolle von Sinnen und Sexualität, von Aufgeregtheit, erhöhter Pulsfrequenz - von  berühmt berüchtigten  „Herzklopfen“-  alles  Anzeichen dafür, dass die Partner Potential für mehr als eine rein platonische Beziehung besitzen.

Quelle:Wikipedia
Heute sagen Sexualmediziner, dass auch in einer übersexualisierten Gesellschaft guter Sex mehr als Orgasmus bedeute.
Der gute Liebhaber lasse sich nicht nur am erfolgreichen Orgasmus messen. Ein guter Liebhaber merke schnell, worauf seine Partnerin Lust hat und richtet sich nach Bedürfnissen. Dies schaffe  Vertrauen, lasse Stress entweichen, einen rauschartigen Zustand eintreten. Sogar alles potentiell Negative am geliebten Partner werde ausgeblendet.

Und im Fall des Falles kann man auch bei analogem Sex zu Hilfsmitteln greifen: Kondome, Salben, die aufgrund neuester naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und Technologien sie und ihn galaktisch abheben lassen - ohne Leistungsdruck beim Erklimmen des Höhepunkts!

„Die wahre Liebe würdigt ihren Gegenstand; aber das ist die wahre Liebe nicht, die nur das Würdige liebt.“
Ludwig Börne
Deutscher Journalist