Sonntag, 22. Dezember 2013

Die Luftnummer und wir, die Verbraucher

Wenn es weihnachtet, dann riecht es  nach Keksen und Knabberwaren. Es sind die Waren, die immer  umhüllt angeboten werden. Diese „Umhüllung“ genannt Lebensmittel-Verpackung schützt nicht nur gegen Schmutz, Beschädigung. Die Lebensmittel-Verpackung hat über eine klare Kennzeichnung auch die Aufgabe, die in ihr umhüllten Waren zu  vermitteln, erklären, bewerben. Nicht umsonst  fordert die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbd)  eine klare Lebensmittelkennzeichnung und wird dabei vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstützt, das das Projekt „Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln“ ins Leben gerufen hat. 

Dank klarer und wahrheitsgemäßen Kennzeichnung  und Aufmachung  von Lebensmitteln sind wir imstande, (nicht nur) beim Verzehr von Keksen und Knabberwaren Kalorien und Nährwerte im Auge zu behalten, und so zu unserem Wohl  die Bremse rechtzeitig zu ziehen.

„Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln“ heißt es.
Leider bleibt die Welt der geregelten Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln nicht verschont  vor den vielfältigen Problemen der mehr oder weniger legalen Verbrauchertäuschung,

Sprechen wir von der Aufmachung. Seit April 2009 können Hersteller selbst entscheiden, in welcher Packungsgröße sie ihr Produkt anbieten wollen. „Krumme“ Verpackungsgrößen sind dabei herausgekommen und sie haben nach wie vor Hochkonjunktur: Eine Tafel Schokolade muss nicht immer 100 g, sie kann auch 87 g wiegen, wog etwa eine Müslipackung früher im Schnitt 750 g, so sind es jetzt noch 590 g, Corny free mit Haselnuss ist von 250 g auf 120 g geschrumpft.
Eigentlich war die Verpackungs-Verordnung aufgehoben worden, um den individuellen Bedürfnissen bestimmter Verbraucherkreise (Singles, Senioren, Großfamilien) besser berücksichtigen zu können. Tatsächlich öffnete die Aufhebung dem Lebensmittelhandel  wunderbare Möglichkeiten  im Hinblick auf ein  vielfältigeres  Geschäftsgebaren: den neuen Spielraum für versteckte Preisehöhung zu nutzen, Gleicher Preis, weniger Inhalt = MOGELPACKUNGEN.
Die Verbraucherzentrale Hamburg (vzh) stellt seit Jahren Listen mit häufigsten Mogelpackungen. Letzter Stand: 06.12.13. Kekse und Knabberwaren sind auch dabei.
So beispielsweise bei den Milka-Schokoladenherzen sind in der neuen Packung statt 125 g nur noch 110 g, bei unverändertem Preis. Preiserhöhung um 14%. Oder Bahlsen Erdnuss Knabberartikel: Neue Verpackung  230 g- alte Verpackung 250g, neuer Preis 2,99€ / alter Preis 2,99€ - bedeutet eine Erhöhung von 8,7%.

Als Mogelpackung im übertragenen Sinn wird eine Verpackung genannt, hinter der sich weniger oder anderes verbirgt, als es den Anschein hat - um mit Wikipedia zu sprechen.
So gesehen, ist die Action „Gleicher Preis, weniger Inhalt“ eine Mogelpackung per Definition, die zur Täuschung unaufmerksamer Verbraucher führt. Denn der aufmerksame Verbraucher schaut auch in der Hektik des Einkaufs auf Packungsgröße und Preise oder merkt sich die Grundpreise, oder?!!!

Was aber, wenn die in der Weihnachtszeit so begehrten Keks und Knabberwaren in ihrer Verpackung im Schnitt 40% Luft enthalten?  Bedeutet das weniger Inhalt, spr. Mogelpackung? Ja, sagen die Verbraucherzentralen, denn es liege eine optische, psychologische Täuschung vor. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher ginge aufgrund der Ausgestaltung der Verpackung von einer größeren Füllmenge aus, als in ihr enthalten sei. Einige Beispiele: Im Cantuccini-Beutel sei noch jede Menge Platz ertastbar, in der Müsliriegel-Schachtel würden ohne weiteres noch 2 Riegel passen, im Plastikbecher würden die Mini-Zwiebäcke gerade bis zum Sichtfenster reichen.
Mag sein, dass Verpackungen mit “Luft“ mehr Füllmenge suggerieren. Sie ist tatsächlich „nicht weniger“ als die auf der Verpackung angegebene Füllmenge. Also, wie gewünscht, Klarheit und Wahrheit bei der Aufmachung von Keksen und Knabberware.
Hinzu kommt, dass  in diesem Warensegment manche Waren gleicher sind als die anderen. So liegt bei einer übergrößen Pralinenpackung  keine Täuschung vor.  Sie dürfen so verpackt sein, dass das Volumen der Verpackung 6-mal so groß ist, wie das Gewicht der Praline. In Zahlen: Wiegt die Praline 10g darf sie von 60 ml Verpackungsvolumen umgeben sein.

Diese von an sich optisch - psychologischer  Täuschung führt dazu, dass Streitigkeiten über sogenannte Mogelpackungen oft vor Gericht landen.  Auch wenn die Urteile oft uns, die Verbraucher, vor „Luftnummern“ schützen, wird uns nicht jede Verantwortung abgenommen. Die Rechtsprechung geht schon davon aus, dass wir Verbraucher genau hinschauen, nicht nur auf die Packungsgröße achten, sondern auch die Gewichtsangaben lesen. So hat sich der Grundsatz gebildet, dass KEINE Mogelpackung vorliegt, wenn man von außen (etwa durch Sichtfenster) den tatsächlichen Inhalt der Packung erkennen kann.

Bestehe nach wie vor die Gefahr, dass ein erheblicher Anteil von uns Verbrauchern bei einem entsprechendem Einkauf die Gewichtsangabe entweder nicht zur Kenntnis nehme oder dennoch die Entscheidung alleine nach dem optischen Eindruck fälle, was für Auswirkungen hat das?
Nehmen wir an, es kommen mehr Cantuccini in den Beutel, in die Müsliriegel-Schachtel kommen noch 2 Riegel dazu, im Plastikbecher würden die Mini-Zwiebäcke bis zur Oberkante des Sichtfensters reichen. Konsequenz: rechtmäßige Preiserhöhung und der Plastikbecher mit Mini-Zwiebäcken wäre laut Rechtsprechung sowieso keine Mogelpackung mehr. Sein Inhalt wäre von außen erkennbar.
Man zahlt nach Gewicht und nicht nach Volumen. Die Luftnummer ist demnach ohne Nebenwirkungen für den Beutel, (im Gegensatz zu den wahren Mogelpackungen nach dem Prinzip „Gleicher Preis, weniger Inhalt). Bleibt die Enttäuschung, wenn zuhause das „Volumen“ der gekauften Kekse oder Knabberwaren nicht der Vorstellung entspricht?

Ein intuitives Gespür für das, was man tut, soll bei manchen in ihrer DNA verankert sein. Es bleibt zu hoffen, dass viele von uns Verbrauchern dieses Gespür in ihrer DNA verankert haben. Dann ist vielleicht die psychologische Enttäuschung „weniger“.

                                           F R O H E  W E I H N A C H T E N,
                                                     wenige Enttäuschungen!


Mittwoch, 18. Dezember 2013

Montag, 2. Dezember 2013

Auf die Lebkuchen, fertig, los

Sie kommen wieder in der Advents- und Weihnachtszeit, wir sehen sie und erlegen der Versuchung: Die Lebkuchen.

Es sind diese süßen Erzeugnisse mit oder ohne Oblatenunterlage, die aus Massen oder Teigen gebacken werden, und bei denen neben den Hauptzutaten Honig, Mehl, Nüssen und/oder Mande eine Vielzahl unterschiedlichsten Gewürzen zum Einsatz kommen.

Nürnberger Oblatenlebkuchen
Der weltweit bekannteste Nürnberger Lebkuchen zeichnet sich durch besondere Qualitätsmerkmale aus: ein hoher Anteil von Mandel- und Nusskernen und eine geringe Zugabe von Mehl oder sogar der völlige Verzicht darauf. Und der prominenteste Vertreter im Nürnberger Lebkuchen-Sortiment, der Elisen-Lebkuchen, muss eine besondere Zusammensetzung mit mindestens 25% Mandeln, Haselnüssen oder Walnüssen aufweisen und max. 10% Mehl oder 7,55 Stärke enthalten.

Nun prominent oder nicht, es geht um Honig, Zucker, Fett, Schokolade, Nüsse -wahre Kalorienbomben! Gewissensbisse?
Abgesehen von Bitterschokolade oder Magermilchschokolade stecken in Schokolade je nach Sorte zwischen  477 und  546 kcal pro 100g.
Der Nürnberger Lebkuchen weist dagegen lediglich 385 kcal/ 100g auf, der Elisen-Lebkuchen 410 kcal/100g. Sogar Lebkuchen mit Schokolade hat immer noch nur 463 kcal/100g.

Cumarin
Und die Gewürzen in Lebkuchen! Ohne Bedenken?
Unter den verwendeten Gewürzen ist Zimt ein fester Bestandteil von Weihnachtsgebäck, wie auch dem Lebkuchen. In verschiedenen Zimtsorten kommt ein Aromastoff, Cumarin, in unterschiedlichen Mengen vor. Dabei ist im Wesentlichen zu unterscheiden zwischen dem milden Ceylon-Zimt und den Cassia-Arten, die höhere Mengen an Cumarin enthalten.
Aus der arzneilichen Anwendung von Cumarin ist bekannt, dass bereits relativ niedrige Dosen bei empfindlichen Personen Leberschäden verursachen können.
Dies berücksichtigend wurden für zimthaltige verzehrsfertige Lebensmittel sogenannte TDI-Werte („tolerable daily intake“= tolerierbare tägliche Dosis) eingeführt. Der TDI-Wert bedeutet diejenige tolerierbare Menge eines Wirkstoffs, die für einen Menschen bei lebenslanger täglicher Aufnahme als gesundheitlich unbedenklich gilt.
Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sei der TDI-Wert von 0,1 mg pro kg Körpergewicht, der ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ein Leben lang täglich aufgenommen werden kann, weiterhin gültig.
Seit Januar 2011 gelten in der Europäischen Union (EU) neue Höchstgehalte für Cumarin in
verzehrsfertigen Lebensmitteln. Aber auch wenn diese neuen EU-Höchstgehalte ausgeschöpft werden sollten, seien nach der Europäische Behörde Überschreitungen des TDI-Werts nur möglich, wenn täglich große Mengen an zimthaltigen Lebensmitteln verzehrt werden. Bei Kleinkindern mit einem Körpergewicht von 15 kg wäre der TDI-Wert bei 30 g Zimtsternen (ca. 6 kleine Zimtsterne) oder 100 g Lebkuchen täglich ausgeschöpft.
Das BfR rät nach wir vor zum maßvollen Verzehr von Cassia-Zimt mit hohen Cumaringehalten. Verbraucher, die viel Lebkuchen verzehren (oder grundsätzlich große Mengen an Zimt verwenden) sollen auf cumarinarmen Ceylon- Zimt ausweichen.

Acrylamid
Lebkuchen sind nun mal Backwaren. Und die Welt der Backwaren wird seit 2002 von dem Begriff „Acrylamid“ erschüttert. Seit diesem Zeitpunkt bleiben Schlagzeilen nicht mehr aus: von "Gift im Lebkuchen" über "Acrylamid im Weihnachtsgebäck- nur einzelne Ausreißer" bis "Lebkuchen -  Entwarnung in Sachen Acrylamid".
10 Jahre nach dem ersten Nachweis von Acrylamid in Lebensmitteln gilt zwar Acrylamid als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“. Jedoch haben Untersuchungen noch keinen Zusammenhang zwischen Acrylamid in unserer Nahrung und dem Auftreten verschiedener Krebsarten feststellen können. Solange aber das Risiko durch Acrylamid in Lebensmitteln nicht abschließend geklärt ist, ist aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes der Gehalt an Acrylamid in Lebensmitteln so niedrig wie möglich zu halten.
In Deutschland galt seit 2002 ein vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) entwickeltes Acrylamid-Minimierungskonzept mit nationalen Signalwerten. Diese wurden im Januar 2011 für die meisten Lebensmittelgruppen von europäischen Richtwerten abgelöst.
Für Waren, für die in der Kommissions-Empfehlung keine Regelungen getroffen worden sind, gelten die nationalen Signalwerte weiterhin. So für Lebkuchen der Signalwert von 1000 µg/kg.

Wie schon in den Vorjahren, wurde auch in der Vorweihnachtszeit 2012 am Chemischen  und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart, Lebkuchen und Spekulatius auf Acrylamid untersucht. Das Ergebnis der Untersuchung von 49 Stichproben: Es gebe große Schwankungen im Acrylamidgehalt. Während die meisten Proben erfreulich niedrige Gehalte aufwiesen wurde bei 4 Proben Lebkuchen der aktuelle Signalwert für Acrylamid überschritten.
Die Tests zeigen allerdings eine deutliche Tendenz: Die Acrylamid-Belastung sei im Vergleich zu den Vorjahren gesunken. Wie neueste Untersuchungen des CVUA belegen, dürfte der Grund für das seltener Vorkommen hoher Acrylamidgehalte in Lebkuchen (Weihnachtsgebäck) darin zu sehen sein, dass  die Industrie und das Bäckerhandwerk auf die Verwendung von Hirschhornsalz als Backtriebmittel weitgehend verzichten.

Lebkuchen  wie auch Spekulatius sind nun mal  „Bestseller“ in der Weihnachtszeit, ihre häusliche Zubereitung hat auch Hochkonjunktur. Diesen fleißig Werkelnden steht CVUA zur Seite, indem es Tipps zur Vermeidung zu hoher Acrylamidgehalte beim Backen gibt:
•    Weizenmehle bilden tendenziell weniger Acrylamid als Roggenmehle; Weißmehle  (z.B. Type 405 oder 550) bilden tendenziell weniger Acrylamid als Vollkornmehle.
•    Beim Stehenlassen der Teige erhöht sich die Menge an Vorläufersubstanzen, aus
denen Acrylamid entsteht. Deshalb sollten die Teige nach der Herstellung nur so lange ruhen,
wie unbedingt nötig.
•    Auch die Backtemperatur und die Backdauer wirken sich auf den Acrylamidgehalt aus. Deshalb bei möglichst niedriger Temperatur backen. Da jeder Backofen andere Eigenschaften aufweist, können hier keine allgemeingültigen Temperaturempfehlungen gemacht werden. In vielen Fällen dürften aber bei 180°-190°C (ohne Umluft), bzw. 160°-170°C (mit Umluft) gute Ergebnisse zu erzielen sein.
•    Sie sollten auch darauf achten, dass das Gebäck im Innern nicht völlig austrocknet, denn gerade dann lauern erhöhte Acrylamidwerte.
•    Die wichtigste Rolle für die Bildung von Acrylamid spielt aber das Triebmittel, das für
das Aufgehen des Teiges und für eine schöne Porenbildung sorgt.
•    Zur Herstellung von Lebkuchen wird traditionell Hirschhornsalz (Ammoniumbicarbonat, ABC-Trieb) verwendet. Durch das Hirschhornsalz bekommt der Lebkuchen seinen besonderen
Geschmack. Leider wird ausgerechnet dadurch auch die Bildung von Acrylamid sehr stark gefördert. Wenn es geschmacklich möglich ist, sollte man daher auf Hirschhornsalz (ABC-Trieb) völlig verzichten und stattdessen Natron (Natriumbicarbonat) oder  Backpulver verwenden.
•    Bei Verwendung von Backpulver oder Natron kann in der Regel auf den Zusatz von Pottasche (Kaliumcarbonat) verzichtet werden.
•    Es gibt auch spezielle Lebkuchenteige mit einem beträchtlichen Anteil an Kartoffeln. Bei solchen Kartoffellebkuchen ist Hirschhornsalz unbedingt zu vermeiden, sonst sind extrem hohe Acrylamidgehalte vorprogrammiert.
hohe Acrylamidgehalte vorprogrammiert.
Zum Schluss noch ein weiterer Tipp
Mandeln enthalten größere Menge an Asparagin, eine Aminosäure, die beim Erhitzen
Acrylamid bildet. Deshalb sollte man beim Rösten von Mandeln folgendesbeachten:
•    Mandeln sollten nur leicht geröstet werden, sie sollten nicht dunkelbraun werden.
•    Versuche haben zudem gezeigt, dass es besser ist, die ganzen Mandeln zu rösten
und sie erst danach zu zerkleinern. Beim Rösten von gemahlenen Mandeln, Mandelstiften und Mandelblättchen entsteht deutlich mehr Acrylamid, als beim  Rösten von ganzen Mandeln.

Fazit: Ein gutes Lebkuchen-Naschen mit Augenmaß und einer ungetrübten Weihnachtszeit steht nichts mehr im Wege. Man hat die Kalorien weitgehend im Griff, denn  es  müssen nicht täglich 100 g Lebkuchen sein. Der Verzehr zu hoher Mengen an Aromastoff Cumarin mit dem Zimt ist vermeidbar,  wie auch der Gehalt an Acrylamid steuerbar.
Also, ohne Gewissensbisse und als gut informierter Verbraucher unbeeinflusst von manchen medialen Widersprüchen: Auf die Lebkuchen, fertig, los!