Dienstag, 17. August 2010

Street View

Bedeutet „Street View“ ein neues „Striptease- Programm" oder eine „Peepshow“, wie von manchen behauptet wird?

Das Thema ist in aller Munde und allen Medien.
Die „Volks - Spähung“ = Meinungsforschung auch Demoskopie genannt (vom altgriechischen „démos“ = Volk und „skopeln = Späher) ergab, dass eine knappe Mehrheit der Deutschen die Außenansicht ihrer Wohnung oder ihres Hauses nicht im "Street View" von Google sehen möchte. 52 Prozent sprachen sich in einer Emnid-Umfrage für die "Bild am Sonntag" dagegen aus, 47 Prozent hatten nichts gegen eine Ansicht. Auffällig ist die unterschiedliche Einstellung zu "Google Sreet View" von Männern und Frauen: Gegen eine Internet-Präsentation sprachen sich 66 Prozent der weiblichen Befragten aus, aber nur 37 Prozent der befragten Männer.

Die Politiker sind sich auch nicht einig.
Die Kanzlerin hält die Einspruchsmöglichkeiten beim Googledienst Street View für sinnvoll. Das teilte der neue Regierungssprecher Seibert mit. Sie selbst werde aber nicht von diesem Recht Gebrauch machen.
Medienberichten zufolge werde Bundesaußenminister Guido Westerwelle aus prinzipiellen Gründen gegen das "Street View"- Programm von Google vorgehen.
Und die Verbraucherministerin fordert eine längere Widerspruchfrist und Klarheit über die Zahl der Widersprüche.

Was ist eigentlich Street View?
Mit dieser neuen Funktion im Kartendienst von Google Maps werden Straßenbilder, Plätze, Sehenswürdigkeiten in einer 360º- Ansicht dargestellt.
Die Aufnahmen erfolgten mit einem Street View - Auto Bild für Bild und anschließend wurden die einzelnen Bilder zu einem Panoramafoto zusammengestellt.
Steer View besteht also ausschließlich aus Fotos und es wurde dabei weder Film - noch Videomaterial verwendet.

Es kann doch nicht so schlimm sein, wenn man vor dem Urlaub, mit Street View Hotel und Umgebung in einer 360º- Ansicht erkunden kann.
Es kann auch nicht so schlimm sein, wenn „mein Haus“, „mein Auto“ ggf. „mein Swimmingpool“ “ samt Umgebung von anderen in einer 360º- Ansicht bewundert werden können. Man fühlt sich auf Augenhöhe mit den Straßenbildern, Plätzen, Sehenswürdigkeiten aus New York, Los Angeles, London, Barcelona, Rom, Amsterdam, Zürich etc., etc.

Objektiv gesehen, weiß man mittlerweile: Wer das Internet nutzt, hinterlässt reichlich Spuren.
Denkt man weiter angestrengt objektiv nach, kommt einem vor, dass die über Street View hinterlassenen Spuren zu den Spuren gehören, mit denen man am ehesten leben könnte.

Denn:
Was ist eine 360º- Ansicht von „meinem Haus, Auto, Swimmingpool“ und der Nachbarschaft gegen einen Nacktscanner am Flughafen, wobei man bis auf die Haut entblößt wird?

Das ist eine wahre Flughafen - Peepshow, bei der Versuche zur Achtung von Rechts- und Schamgrenzen vorgenommen werden.
So z. B. werden auf US-Flughäfen die Gesichter eingescannter Passagiere unkenntlich gemacht und die Bilder angeblich nicht gespeichert.
In den Niederlanden, wo das Problem mit der verletzten Intimsphäre als gelöst gilt, werden die gescannten Passagiere nur noch stilisiert dargestellt. Und außerdem, wird für die Auswertung der Bilder eine Software eingesetzt, und keine Menschen.
In Deutschland werden ab September am Hamburger Flughafen Praxistests mit Körperscanner durchgeführt. Dabei sollen es keine echten Körperbilder geben und die erzeugten Daten sollen auch sofort gelöscht werden.

Aber trotz allem: lohnt sich der Aufwand, da Scanner bekanntlich versagen, sobald jemand Sprengstoff wie Drogen in Körperöffnungen versteckt?
Eine derart grandiose Peepshow kann zudem leicht in die Versuchung führen: Warum nur an Flughäfen? Dem britischen Blatt „The Sun“ zufolge ist das britische Innenministerium der Versuchung erlegen und befürwortete bereits im vergangenen Jahr den flächendekenden Einsatz versteckter Nacktkameras auf Straßen, Plätzen und vor Fußballstadien.
Vom Flughafen zur flächendeckenden Peepshow!

Was ist schon eine 360º- Ansicht von „meinem Haus, Auto, Swimmingpool“ inklusive Nachbarschaft oder ein Nacktscanner am Flughafen gegen versteckte Apps = Nacktscanner, die allen Besitzern von entsprechen Handys uneingeschränkt zur Verfügung stehen?
Da finden Sie sich im Netz wieder, in einem mehr oder weniger unkenntlich gemachten Eva / Adam – Kostüm, beim Shoppen oder bei einer öffentlichen Veranstaltung und ohne dazu Ihre Einwilligung gegeben zu haben.
Striptease zum Wohle der Gemeinschaft!

Was sind aber eine 360º- Ansicht von „meinem Haus, Auto, Swimmingpool“ inklusive Nachbarschaft, ein Nacktscanner am Flughafen oder die versteckten Apps gegen einen Hirn-Scanner?
Die auf den ersten Blick noch scheinbare Science Fiktion kann viel schneller als man denkt Realität werden.
Es ist schon eine Sensation, dass Hirnforscher politische Gesinnung scannen können.
Wie sie in „Nature Neuroscience“ berichteten, ist es Hirnforschern der New York University, gelungen, die politische Weltanschauung eines Menschen anhand bestimmter Hirnzellen zu identifizieren. Demnach zeigen bei den Liberalen spezifische Regionen im Großhirn wesentlich mehr Aktivitäten als bei den Konservativen. Das kann auch erklären, warum Liberale sich leicht auf neue Situationen einstellen, wo hingegen Konservative auf ihren Einstellungen beharren.
Hirn-Striptease - um Hilfe zu leisten in der Medizin, um Kriminelle zu überführen, Lügner zu stellen, aber auch Träume zu belauschen oder Gedanken zu lesen.

Nach alledem scheint es tatsächlich mit den nackten (Tat)Sachen von Street View leichter leben zu können, als mit den nackten Tatsachen einer Flughafen - Peepshow oder eines App- Striptease geschweige eines Hirn-Striptease. Und besonders dann, wenn wir uns endlich Gedanken darüber machen würden, wer auf diese Daten zugreifen und wer sie nutzen kann.
So gesehen, ist der Googledienst Street View das kleinste Übel, was einem im Netz passieren könnte. Also:
Honni soit qui mal y pense, etwa „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Sonntag, 1. August 2010

Rudi Carrel - Wann wird's mal wieder richtig Sommer

Hitze und Winterreifen

Was haben die Hitze und die Winterreifen gemeinsam?
Sie waren 2 heiße Themen im Juli 2010, auf dem ersten Blick ohne direkten Zusammenhang, die aber zeigten, wohin unbestimmte Begriffe führen können.

Nach mehr oder weniger Abklingen des Themas Finanzkrise in den Schlagzeilen kehrte eine gewisse Ruhe zurück … vor dem an sich sehnlichst gewünschten (neuen) Sturm, zum Aufpäppeln des Sommerlochs.
Und dann war er da! DER Sommer für das Sommerloch: Juli 2010, der heißeste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor rund 100 Jahren.
Medien(Vater)-Land war gerettet
Es gab „hitzige“ Meldungen über beunruhigende Kollapsfälle in ICE-Zügen, unerträgliche Temperaturen am Arbeitsplatz, mit Aufzählung ihrer Folgen wie sinkende Arbeitsleistungen, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, vermehrte Herz-Kreislauferkrankungen. Ein Hinweis auf Anstieg von Sterbefällen hat auch nicht gefehlt.

Die luftige Hitzwelle im Juli 2010 stopfte nicht allein das Sommerloch. Es gab auch solide Reifen dabei, nämlich die Winterreifen des OLG Oldenburg.
Denn das OLG Oldenburg hat die Vorschrift der StVO, nach der Autofahrer zur Anpassung ihrer Ausrüstung an die Wetterverhältnisse verpflichtet sind, für verfassungswidrig erklärt. Begründung: für den Bürger sei nicht klarerkennbar, welche Reifen als „ungeeignete Bereifung bei winterlichen Wetterverhältnissen“ anzusehen seien.
Mit anderen Worten: die Bürger können es nicht wissen, was eigentlich ein Winterreifen bedeutet, da es dafür keine Legaldefinition gibt.

Wie mit der StVO verhält es sich auch mit der ArbeitsstätteVO. Diese sieht u. a. eine gesundheitlich „zuträgliche Temperatur“ am Arbeitsplatz vor.
Konkrete Angaben über eine Obergrenze der Zuträglichkeit wurden nicht bestimmt, es sei denn, man greift zu den Arbeitsstätte-Richtlinien. Und hier heißt es dann: „Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen soll + 26 ºC nicht überschreiten. Bei darüber liegender Außentemperatur DARF in AUSNAHMENFÄLLEN die Lufttemperatur HÖHER SEIN“.

Wenn eine derartige „Bestimmung“ für die Arbeitsstätten gilt, müsste sie umso mehr auch für die „Fahr- Stätten“ gelten. Und dann müsste die Bahn von dem Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen werden: im Ausnahmefall einer Außentemperatur von 39 ºC darf die Lufttemperatur in den Abteilen höher (als 26 ºC) sein, z.B. 45 ºC.
Alles nur Sache der Auslegung!

Nun in Ermangelung einer rechtsverbindlichen Definition des Begriffs „zuträgliche Lufttemperatur“ im Ausnahmefall Hitzewelle und an welcher Stätte auch immer, oder des Begriffs „Winterreifen“ zumindest einige Tipps:
Sie haben die Hitzewelle ohne DEHYDRATATION (bestimmter Begriff = Wassermangel des Körpers) überstanden – abgesehen von einer Klimaanlage – durch eigenverantwortliche Ergänzung des Flüssigkeitsverlustes und Ihre DEHYDRIERUNG (bestimmter Begriff = Oxidation eines Substrats durch Abspaltung von Wasserstoffatomen), funktioniert tadellos, so z. B. beim Alkoholabbau in der Leber durch Oxidation des Alkohols in Acetaldehyd, - dann können Sie ruhigen Gewissens zur Abkühlung an das Autofahren in der kühlen /frostigen Winterzeit denken und verfassungskonform, mit oder ohne Winterreifen und nur angepasster Geschwindigkeit virtuell loslegen.

Wir haben mittlerweile gelernt, mit unbestimmten Begriffen in Selbstverantwortung umzugehen. Und wir tun es immer öfter, weil es zahlreiche andere Begriffe gibt, die gleichartig unbestimmt sind, ob verfassungskonform oder nicht, und weil wir es uns wert sind.