Sonntag, 1. August 2010

Hitze und Winterreifen

Was haben die Hitze und die Winterreifen gemeinsam?
Sie waren 2 heiße Themen im Juli 2010, auf dem ersten Blick ohne direkten Zusammenhang, die aber zeigten, wohin unbestimmte Begriffe führen können.

Nach mehr oder weniger Abklingen des Themas Finanzkrise in den Schlagzeilen kehrte eine gewisse Ruhe zurück … vor dem an sich sehnlichst gewünschten (neuen) Sturm, zum Aufpäppeln des Sommerlochs.
Und dann war er da! DER Sommer für das Sommerloch: Juli 2010, der heißeste Juli seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor rund 100 Jahren.
Medien(Vater)-Land war gerettet
Es gab „hitzige“ Meldungen über beunruhigende Kollapsfälle in ICE-Zügen, unerträgliche Temperaturen am Arbeitsplatz, mit Aufzählung ihrer Folgen wie sinkende Arbeitsleistungen, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, vermehrte Herz-Kreislauferkrankungen. Ein Hinweis auf Anstieg von Sterbefällen hat auch nicht gefehlt.

Die luftige Hitzwelle im Juli 2010 stopfte nicht allein das Sommerloch. Es gab auch solide Reifen dabei, nämlich die Winterreifen des OLG Oldenburg.
Denn das OLG Oldenburg hat die Vorschrift der StVO, nach der Autofahrer zur Anpassung ihrer Ausrüstung an die Wetterverhältnisse verpflichtet sind, für verfassungswidrig erklärt. Begründung: für den Bürger sei nicht klarerkennbar, welche Reifen als „ungeeignete Bereifung bei winterlichen Wetterverhältnissen“ anzusehen seien.
Mit anderen Worten: die Bürger können es nicht wissen, was eigentlich ein Winterreifen bedeutet, da es dafür keine Legaldefinition gibt.

Wie mit der StVO verhält es sich auch mit der ArbeitsstätteVO. Diese sieht u. a. eine gesundheitlich „zuträgliche Temperatur“ am Arbeitsplatz vor.
Konkrete Angaben über eine Obergrenze der Zuträglichkeit wurden nicht bestimmt, es sei denn, man greift zu den Arbeitsstätte-Richtlinien. Und hier heißt es dann: „Die Lufttemperatur in Arbeitsräumen soll + 26 ºC nicht überschreiten. Bei darüber liegender Außentemperatur DARF in AUSNAHMENFÄLLEN die Lufttemperatur HÖHER SEIN“.

Wenn eine derartige „Bestimmung“ für die Arbeitsstätten gilt, müsste sie umso mehr auch für die „Fahr- Stätten“ gelten. Und dann müsste die Bahn von dem Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen werden: im Ausnahmefall einer Außentemperatur von 39 ºC darf die Lufttemperatur in den Abteilen höher (als 26 ºC) sein, z.B. 45 ºC.
Alles nur Sache der Auslegung!

Nun in Ermangelung einer rechtsverbindlichen Definition des Begriffs „zuträgliche Lufttemperatur“ im Ausnahmefall Hitzewelle und an welcher Stätte auch immer, oder des Begriffs „Winterreifen“ zumindest einige Tipps:
Sie haben die Hitzewelle ohne DEHYDRATATION (bestimmter Begriff = Wassermangel des Körpers) überstanden – abgesehen von einer Klimaanlage – durch eigenverantwortliche Ergänzung des Flüssigkeitsverlustes und Ihre DEHYDRIERUNG (bestimmter Begriff = Oxidation eines Substrats durch Abspaltung von Wasserstoffatomen), funktioniert tadellos, so z. B. beim Alkoholabbau in der Leber durch Oxidation des Alkohols in Acetaldehyd, - dann können Sie ruhigen Gewissens zur Abkühlung an das Autofahren in der kühlen /frostigen Winterzeit denken und verfassungskonform, mit oder ohne Winterreifen und nur angepasster Geschwindigkeit virtuell loslegen.

Wir haben mittlerweile gelernt, mit unbestimmten Begriffen in Selbstverantwortung umzugehen. Und wir tun es immer öfter, weil es zahlreiche andere Begriffe gibt, die gleichartig unbestimmt sind, ob verfassungskonform oder nicht, und weil wir es uns wert sind.