Samstag, 2. September 2017

Beziehungen - Zufall, Schicksal, Gene und Hormone

Der Mechanismus auf dem die Funktionsweise der Marktwirtschaft basiert, lautet: „Die Konkurrenz belebt das Geschäft“.
Und es ist gut so, sagen Wirtschaftswissenschaftler. Denn Studien zeigen, wenn auf dem Markt die Konkurrenz steigt, würden die Unternehmer nicht nur die Preise senken, sondern auch die Qualität verbessern.

Mittlerweile hat dieser Mechanismus der Marktwirtschaft auch andere Bereiche unserer immer komplexer gewordenen Welt erreicht.
Quelle: 123rf
Denken wir an zwischenmenschliche Beziehungen.
Die Ehe hat zwar noch nicht ausgedient, aber Konkurrenz durch alternative Beziehungsmodelle bekommen.
Die eingetragene Lebenspartnerschaft, in Deutschland ausschließlich  zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen möglich, ist die naheliegendste Alternative zur Ehe, (wobei - auch in Ermangelung eines rechtlichen Rahmens - viele heterosexuelle Paare eine derartige „Ehelight“ eingehen).
Es sind als feste Beziehungen oder Langzeitbeziehungen gedacht, von Partnern selbst geschmiedet, vielleicht mit einem Schuss Zufall / Schicksal.

Hochkonjunktur scheinen aber auch Kurzzeitbeziehungen à la „ONE - NIGHT –STAND“ oder „BLIND– DATE“ zu haben. Hier sollen oft zwischen einander nicht näher bekannte Personen zusammenkommen, ohne Absicht, eine längere emotionale Bindung einzugehen. Das Schicksal dieses Beziehungsmodells ist sozusagen durch die Partner vorprogrammiert.

Quelle: 123rf
Wie das Gesundheitswesen mittels IT- gestützte Geschäftsprozesse zu Gesundheitswirtschaft befördert wurde, so entwickelte sich auch das „Beziehungswesen“ immer mehr zur „Beziehungswirtschaft“. Die Form „One- Night- Stand“ hat eine Variante, den „ESCORT SERVICE“, eine Variante, die ein flexibles und effizientes Prozessmanagement in Sachen Beziehung anwendet.

Das gute, alte „Blind - Date“ hat ebenso eine professionell organisierte Variante, das „SPEED-DATING“, wo oft ein fester Rahmen vorgegeben wird, innerhalb dessen bestimmte Kennenlernrituale ablaufen - in der guten Absicht bestmögliche Ergebnisse vorzubringen, wenn Fremde aufeinandertreffen.

Quelle: 123rf
Welche Rolle innovative, IT- gestützte Anwendungen im Umfeld der dynamischen Veränderungen des Beziehungsmarkts spielen, ist an Online-Partnervermittlungen erkennbar, gedacht für diejenigen, die eine langzeitige  bzw. feste Beziehung suchen.
Sie unterstützen nicht nur den Geschäftsprozess als solcher, sondern optimieren auch den Arbeitsverlauf durch informationstechnische Unterstützung, um eine bessere Qualität der Partnerschaft zu ermöglichen.

So ist kennzeichnend für diese Art der Vermittlung, eine Optimierung des Arbeitsverlaufs  mittels einer mathematischen Formel, des Matching-Algorithmus, aufgrund dessen ein PERSÖNLICHKEITSTEST erfolgt, um Suchenden anschließend passende Partnervorschläge machen zu können.

Wenn über Beziehungen wie Ehe, eingetragene Lebenspartnerschaften oder die Lebenspartnerschaften von Heterosexuellen noch die Familie, der Staat wachen, beruhen moderne Beziehungen auf der freien Entscheidung der Partner, mit allen ihren Risiken und Nebenwirkungen. Auch bei Online-Partnervermittlungen, weil, sind nun einmal die Partnervorschläge gemacht, da liegt es an einem selbst, das Beste zu machen und den für sich selbst richtigen Persönlichkeitstyp daraus herauszupicken.

Freie Entscheidung (?)! „Dass ich nicht lache“, würde ein Neurobiologen sagen, wohl wissend, dass bei der Partnerwahl, eigentlich bei der Wahl eines Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen, die Regie von einem Cocktail aus Genen, Hormonen, Neurotransmittern  übernommen wird.

Denn die  Persönlichkeit eines Menschen hänge laut Wissenschaftlern neben Umweltfaktoren von 2 wichtigen und individuell spezifischen Elementen ab: Von der Art der Erziehung (Denk – und Verhaltensweise) und von seinen biologischen Systemen, bestimmt durch Gene, Hormone, Neurotransmitter, die ständig miteinander kommunizieren.

Neuere Studienergebnisse deuten tatsächlich darauf hin, dass wichtige Persönlichkeitsmerkmale unterschiedlich stark als bislang vermutet durch unser Erbgut gesteuert werden.
So sollen  die  BIG FIVE Persönlichkeitsmerkmale, die im sogenannten 5-Faktoren-Modell zusammengefassten Persönlichkeitsmerkmale, wie emotionale Labilität, extrovertierte Eigenschaften (gesprächig, bestimmt, aktiv, energisch, dominant, enthusiastisch, abenteuerlustig),  Offenheit für neue Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit zu 40-60% von genetischen Effekten beeinflusst werden, während soziale Einflüsse und individuelle Erlebnisse lediglich 25% bzw. 30% betragen. 

Quelle:Wikipedia
Das Molekül unseres Erbguts, von Fachleuten DOPPELHELIX genannt, sieht bekanntlich wie eine gewundene Strickleiter. Deren Sprossen bilden die chiffrierte Information eines jeden Menschen, den genetischen Code! Er wird mit 4 „Buchstaben“ der BASEN ADENIN (A), THYMIN (T), CYTOSIN (C), und GUANIN (G) geschrieben.

Nun haben Wissenschaftler sogar Gene ausgemacht, auf denen der Code liegt, der bestimmt, welcher BINDUNGSTYP wir sind.
So wollen Forscher der Universität Peking herausgefunden haben, dass Variationen auf dem GEN 5HT1A für ein Single - Dasein oder eine Langzeitbeziehung verantwortlich seien. Das GEN 5HT1A liege in einer „CC“ - oder „CG/GG“ - Variante vor.
Als Basis der Studie dienten Daten von 576 Studierenden.
Sie ergab, dass 50% der Probanden als Träger der Cytosin-Variante (CC - Variante) in Partnerschaft waren, aber nur 39% von Trägern des Guanin-Variante (CG/GG - Variante).

Nach Ansicht chinesischer Forscher sei dies darauf zurückzuführen, dass die unterschiedlichen Gen-Ausprägungen den Serotonin-Spiegel beeinflussen, ein Hormon von dem man schon lange weiß, dass es wichtig für die Qualität der Partnerschaft ist.
Messungen haben dann tatsächlich gezeigt, dass Teilnehmer der chinesischen Studie mit der CC-  Variante des Gens einen höheren Serotonin - Blutspiegel gehabt haben als  Studienteilnehmer mit der CG/GG - Genvariante.

Der unterschiedliche genetische Einfluss auf das Bindungsverhalten beim Vergleich der Cytosin -  Variante des Gens mit der Guanin -  Variante war zwar mit 11% gering, aber Forschern zufolge doch aussagekräftig. Die Ergebnisse blieben auch dann bestehen, als Faktoren, die Beziehungen beeinträchtigen könnten wie depressive Symptome, wenig Privatleben, finanzielle Probleme, eliminiert wurden.
Die Studie könne trotzdem nicht, als allgemein gültig betrachtet werden. Davon abgesehen, dass das Gen nur einer der Faktoren ist, die Beziehungen beeinflussen, untersuchte die Studie Beziehungsverhalten von College-Studenten. Die genetischen Einflüsse in einer anderen Lebensphase könnten auch andere Aspekte zu Tage fördern.

Quelle: Wikipedia
Wissenschaftler gehen eigentlich schon lange der Frage nach, welche hormonelle Grundlagen Partnerschaft, Liebe, Treue besitzen. 
Sie sind dabei auf das Hormon OXYTOCIN gestoßen. Es ist nicht nur das Hormon, das in der Schwangerschaft zur Auslösung der  Wehentätigkeit während der Geburt führt oder während der Stillperiode den Milchfluss stimuliert, die Bindung zwischen Mutter und Kind verstärkt. OXYTOCIN wird oft als „Kuschelhormon“ bezeichnet, weil es laut Forschern Vertrauen fördere und so eine wichtige Rolle  bei der Paarbindung spielt.

Viele Neurobiologen, Psychologen, Mediziner sind jedoch der Ansicht, dass es nicht genügt, sich ausschließlich auf OXYTOCIN zu konzentrieren, um die Geschehnisse im Organismus zu erklären, die das Bindungsverhalten eines Menschen beeinflussen.

Forscher der Universität Oxford gingen bei ihren Untersuchungen eben davon aus,  dass es viel mehr genetische Effekte gebe, die jeweils mit einer bestimmtem Gruppe von Persönlichkeitsmerkmalen im Zusammenhang stehen.

Sie befragten 757 Personen, davon 423 Frauen, nach ihren privaten Beziehungen und sozialen Beziehungen, sowie Beziehungen im sozialen Netzwerk. In der Auswertung prüften sie dann, in welchem Verhältnis genetische Effekte und Sozialverhalten miteinander stehen.
Dabei analysierten sie Varianten von Genen, die mit der Bindung von 6 verschiedenen Hormonen und Neurotransmittern im Zusammenhang stehen: Oxytocin, ß-Endorphin, Vasopressin, Dopamin, Serotonin und Testosteron.
Quelle: Wikipedia

Es stellte sich heraus, dass beispielsweise  „das Glückshormon“ DOPAMIN- außerhalb Zweierbeziehungen - vor allem die sozialen Beziehungen in Netzwerken beeinflussen würde. Die mögliche Erklärung: Beziehungen zu größeren Gruppen seien oft mit angenehmen Aktivitäten in Verbindung gebracht, die Motivation, Antrieb, Interessiertheit, Freude, Begeisterung auslösen.

Unterschiedliche Varianten in ENDORFIN-Bindungsstellen stünden hingegen im Zusammenhang, mit Unterschieden in der Fähigkeit sich in andere hineinzufühlen. Diese Fähigkeit von Endorphinen, die Empathie zu beeinflussen, erkläre vermutlich auch die festgestellten Unterschiede in der Zufriedenheit mit der Partnerschaft, so die Forscher.

OXYTOCIN stehe wie in frühere Untersuchungen auch vor allem mit unterschiedlichen Aspekten in Paarbeziehungen in Verbindung, sei das vertrauensbildende Hormon für mehr zwischenmenschliche Risiko- und Kooperationsbereitschaft, Sinn für partnerschaftliche Fairness und Treue.

Schlussfolgerung der Forscher:Die meisten von ihnen untersuchten Genvarianten, Hormonen und Neurotransmitter würden lediglich in einem des jeweils bestimmten Bereichs - Privatbereich,  allgemeines Sozialverhalten bzw. Verhalten  in sozialen Netzwerken -  eine Rolle für soziale Zusammenhängen spielen. Nur DOPAMIN und ENDORPHIN seien für soziale Eigenschaften in allen 3 Bereichen aktiv.

Nach alle dem, liegt schon die Frage nahe, ob man von einem Partner, zumindest wenn etwas Ernstes geplant wird, ein genetisches Profil fordern sollte?
Die Konkurrenz auf dem Beziehungsmarkt ist groß und es ist nicht auszuschließen, dass in naher Zukunft Partnervermittler zusätzlich zu den auf die Persönlichkeitsmerkmale zugeschnittenen Partnervorschlägen auch ein genetisches Profil mitliefern werden -  zur Verbesserung der Qualität von Partnerschaften.
Die Humangenetiker treten heute diesbezüglich (noch) auf die Bremse. Wenn auch dem Komplex „Beziehungen, Gene, Hormone“ viele Geheimnisse entlockt wurden, sind die Assoziationsmöglichkeiten / Kombinationsmöglichkeiten  zwischen verschieden ausgeprägten Genen und verschiedenartigen Hormoncocktails immer noch nicht ganz verstanden.

Quelle: 123rf
Bis es so weit ist, kann eine Tatsache ein Quantum Trost bieten: Es gibt glückliche Langzeitbindungen und ihr Glück ist messbar.
So zeigt das Hirnscan von Frischverliebten und Langzeitpaaren im MRT (Magnetresonanztomografie) einen entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Gruppen: Neben dopaminreichen Regionen seien bei den Langzeitpaaren im Gegensatz zu Frischverliebten zusätzliche Areale aktiv, in denen das Hormon Oxytocin auch nach vielen Jahren seine Wirkung entfalte.
Was kann die Hormone stetig neu ankurbeln und die Bindung verstärken? Es ist DIE Schulter, die vieles vertragen kann, die Aussprache, die trösten und auffangen kann, es ist das gemeinsam Erlebte, in guten und in schlechten Tagen. Oder schöner ausgedrückt, mit dem oft gehörten Zitat aus dem Roman „Zwei an einem Tag“ von David Nicholls:

„Wer schmiedet  „derlei“  Verbindungen? Das Schicksal? Der Zufall?
Das Leben ist eine Reise, bei der man sich die Begleitung nicht aussuchen kann. Zeit, Ort stellen die Weichen- und am Ende ist es die Summe der gemeinsam gemeisterten Widrigkeiten die zwei Menschen zusammenschweißen“...

... und die Produktion von Oxytocin ankurbelt.