Samstag, 13. Mai 2017

Die kosmetische Industrie und der Handel mit Illusionen

Die Kosmetik (grch.: „ordnen“, „schmücken“) ist bemüht, eine kunstvolle Ordnung für ein schönes, gepflegtes Aussehen zu schaffen, um Alterserscheinungen entgegenzutreten, Abweichungen von  einem normalen Schönheitsideal auszugleichen und sie der jeweiligen Mode anzupassen.

Quelle:123rf
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Es sind Produkte für SIE und IHN, die diese „Ordnung“ schaffen.  Denn nicht nur das schwache Geschlecht greift nach  ihnen, sondern immer öfter auch das starke Geschlecht.
Und es gibt nichts in der Männerpflege, was es nicht gibt:
After-Shave-Lotionen oder –Gele, mit einem geringeren oder gar keinen
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Alkoholgehalt und darum sanfter zur Haut, Bodylotion mit Feuchtigkeit spendenden Wirkstoffen bei häufigem Duschen, mildes Shampoo für das tägliche Waschen fettiger Haare, pflegende Spülungen für längere Haare, Deos mit und ohne Aluminium, Gesichtswasser mit Peeling-Effekt,
Lippenpflegestift mit Lichtschutzfaktor, getönte Feuchtigkeitscremes, die pflegen und dem Gesicht einen Hauch von Frische bringen oder Abdeckcremes (Concealer= verstecken) / Teint - Grundierungen, mit denen Augenringe oder Hautunreincheiten abgedeckt werden können und Düfte.

Nach einer psychologischen Studie, Beautycheck, der Universität Regensburg gelten schöne Menschen in den Augen der anderen automatisch als erfolgsreicher, sympathischer, geselliger, intelligenter, aufregender, kreativer, fleißiger als die Mehrheit der Durchschnittsmenschen.
Dabei soll die Haut der entscheidende Faktor sein. Indem durch den Algorithmus nämlich Unreinheiten und Fältchen herausgemittelt werden, erscheint sie in den Durchschnittsgesichtern viel makelloser als in jedem realen Gesicht.

Als Konsequenz dieser gesellschaftlichen Anerkennung stellte sich heraus, dass attraktive und schöne Menschen leichter Selbstvertrauen entwickeln, das wiederum zu mehr  Selbstsicherheit führt - ein gutes Omen für das Berufsleben.

Wer – ER oder SIE - nicht dem aktuellen Attraktivitäts-, Schönheitstyp entsprechen sollte, kann sie sich auf den vielfältigen Kosmetik- und Körperpflegemittelmarkt Unterstützung verschaffen.
Natürlich ist diese Unterstützung nicht selbstlos, die Kosmetik-Industrie setzt dabei Milliarden um.
So zeigt eine statistische Auswertung des Umsatzes der deutsche Industrie zur Herstellung von Körperpflegemitteln und Duftstoffen im Zeitraum 2008 – 2016 folgendes: Setzte dieser Industriezweig 2008 in Deutschland rund 5,77 Milliarden EUR um, waren es 2016 insgesamt rund 6,15 Milliarden,(+6%).
Und in der aufgrund der Umsatzdaten der deutschen Hersteller von Körperpflegemitteln und Duftstoffen im Zeitraum 2009 – 2014 von STATISTA erstellten Prognose, rechnet diese für 2020 mit einem Umsatz von rund 11,68 Milliarden EUR.

Was steckt hinter den angebotenen  Kosmetikerzeugnissen, Körperpflegemitteln und den Duftstoffen? Verhandelt  dieser Industriezweig mit TRÄUMEN oder ILLUSIONEN?

Vor kurzem war im STERN (Hft.19, 04.05.17) ein Interview mit Isabelle Parize, der Chefin von Europas größter Kosmetikkette Douglas, zu lesen.
Auf die Frage, was verkaufe Douglas Träume oder Illusionen, antwortete sie: „Wir handeln mit Träumen. Bei Hautpflegeprodukten … beispielsweise  mit TRÄUMEN IN TUBEN UND TIEGELN. Wir alle cremen uns morgens und abends ein, weil wir hoffen, das Altern zu bremsen“ …

Träume!
TRÄUME stellen laut Psychologen meist eine fiktive Erfüllung von verdrängten Wünschen dar. Mit anderen Worten: ein Traum ist meist die erdachte, erfundene Erfüllung von unterdrückten Wünschen.
Auf die Douglas TRÄUME IN TUBEN UND TIEGELN übertragen heißt das: Die Wirkung der Cremes in den Douglas Tuben und Tiegeln ist fiktiv, erdacht, gleich null, es bleibt ein Traum unterdrückter Wünsche!

Verkauft dann die Kosmetik-Industrie Illusionen?
Umgangssprachlich  wird  zwar unter ILLUSION Selbsttäuschung,  trügerische Hoffnung, schöner Schein … verstanden.
Da gibt es aber auch noch der Illusionismus in der bildenden Kunst, der seit der Antike als Beweis besonderer künstlerischer Begabung galt. Diese Darstellungsweise versucht mit verschiedenen Mitteln eine täuschende Nachahmung der Wirklichkeit zu erreichen.

Nun wie die Marktforscher angeben, soll die vermehrte Nachfrage nach Anti-Aging-Produkte, die Tendenzen zu Produkten mit reichhaltigen Inhaltssoffen und die Männerkosmetik weiterhin das Wachstum der Branche bestimmen.

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Dieses Nachfragen - Ergebnis stellt allerdings keine  verdrängten Wünsche dar, sondern zeigt, unabhängig vom Geschlecht, das reale Interesse an Pflegekosmetika, natürlich in Erwartung eines Ergebnisses, das möglichst nahe dem aktuell erstrebenswerten Attraktivitäts-, Schönheitstyp steht:  Möglichst glatte, geschmeidige, reine, gesunde  Gesichtshaut, geschmeidige Lippen, strahlend schöne Haare dank Antifaltencremes, nährhaften Cremes, Gels, Lotionen, Peelings, Seifen, Shampoos, Reinigungsmilch, Rasiercreme, Rasierwasser, Produkte zur Zahn und Mundhygiene, Gesichtswasser, Masken, Lippenpflege.

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Erzeugnisse der dekorativen Kosmetika  wie Make-up, Eyeliner, Kajal, Lidschatten, Wimperntusche (Mascara), Puder, Rouge … sollen laut Studien gezeigt haben, dass sie nicht nur verschönend wirken, sondern dass sie auch ihren Beitrag zur Steigerung des Lebensgefühls und sogar der sozialen Stellung leisten.  

Die Tatsache, dass  die Nachfrage nach Pflegekosmetika bestimmten Inhalts steigt, ist vielleicht auch ihrer  manch prophylaktischen Wirkung zuzuschreiben.
Wie Pflegekosmetika, die UVA-, UVB- Strahlen oder beide Strahlenarten auf physikalischen oder chemischen Weg abfiltern und sie unschädlich machen können.
Oder Pflegeprodukte enthaltend Coenzym Q 10, die Hautvitamine A, C, E, wertvolle Inhaltsstoffe wie Polyphenole, die bei richtiger und konsequenter Pflege verhindern, dass freie Radikale Fette in den Hautzellen zerstören und beugen so die Faltenbildung vor.

Und dann die Duftstoffe - die bei uns anscheinend unterschiedliche Hirnareale aktivieren können! 
So wie die beispielhaft genannten  neuesten Trends für Frauen:
„Für Frauen, die beindrucken wollen, ist die Classique Essence de Parfum von Jean Paul Gaultier“, „Romantisch veranlagte Frauen lieben By Invitation von Michael Bublé“,
„Für Frauen mit Charakter (ist) LA FEMME von Prada“ wie auch der
„Elegante(r) Duft für sinnliche Ladys: SimplyTouch of Mandarin von Jil Sander“...
oder ein TRÄUME, FREIHEIT, LEBEN, VERFÜHRUNG, EMOTIONEN, LIEBE, NEUANFANG, GELASSENHEIT, STÄRKE, PARTNERSCHAFT und auch SICH SELBST bejahendes Parfüm: Giorgio Armani




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Die Männer-Trends stehen den Frauen -Trends in nichts nach.
So z. B.: Der Calvin Kleins Männer- Duft 'ck all', “ mit dem die kulturelle Bewegung der neuen Generation zum Ausdruck gebracht werden soll -  eine Bewegung, die gesellschaftliche Erwartungen, Hindernisse und Grenzen abgelehnt und auflöst.“  Ein Duft „mit dem Individualität, Selbstbestimmung und Rebellion gefeiert“ wird.

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Oder der neue Duft „Jaguar Pace“!  Mit ihm ist ein Duft herausgekommen, „der wie sein Namensgeber, das neueste SUV-Modell von Jaguar, eine männliche, kraftvolle und charismatische Ausstrahlung hat. Ein Duft für den individualistischen, weltoffenen Mann, der einen zeitlos-relaxten Stil lebt.“

 Die Kosmetische-Industrie eilt von Rekord zu Rekord.
Und das Wachstum scheint wohl dem Handel mit ILLUSIONEN, mit Mitteln zu verdanken sein, durch deren Einsatz die Erreichung eines möglichst hohen Grades an optisch erkennbaren vorteilhaften Wirkungen verfolgt wird, um dem IN-gewordenen Attraktivitäts-, Schönheitsideal nahe zu kommen.
Und diejenigen, die dank kosmetischer Korrekturen dieses Ziel erreicht haben, erreichen nach Ansicht der Forscher auch mehr gesellschaftliche Anerkennung, die Selbstvertrauen schafft. Selbstvertrauen führt zu mehr Selbstsicherheit, eine Kraft, die Berge versetzen kann - privat und beruflich.

Quelle:Google
 „Illusionen empfehlen sich dadurch, daß sie Unlustgefühle ersparen und uns an ihrer Statt Befriedigungen genießen lassen.“ 
 - Sigmund Freud