Dienstag, 25. August 2015

„Männer sind, und Frauen auch, überleg dir das mal“….

… waren die einleitenden Worte von Loriot in einem Gespräch mit seinem pubertierenden Sohn  zum Thema  „sexuelle Aufklärung“-  wohl wissend, wie entscheidend eine altersgemäße Information ist.Zig-Jahre sind seit diesem Sketch vergangen, und noch mehr Zig-Jahre seit Beginn der sexuellen Aufklärung, die nach heutigen Erkenntnissen ein kontinuierlicher Prozess sein muss, ohne jegliche  Tabuisierung sexuellen Erlebens und Verhaltens.
Kurzum: wir sind durch und durch sexuell aufgeklärt, aber manches  hat sich an der Situation „Männer sind, und Frauen auch“ nicht geändert. Abgesehen davon, dass physiologische Prozesse, Stoffwechselvorgänge typisch- Mann und typisch-Frau geblieben sind, wird von der Umwelt immer noch Männern und Frauen, mitten in dem Gender-Mainstreaming, einen typisch -Mann /typisch-Frau Stempel aufgedrückt.
Viagrapackung Quelle:Wikipedia
So ist es zu erklären, wieso (von der Werbung) die Potenzpillen-Schlucker zu HELDEN der LIEBE auserkoren wurden. Dagegen hat kein Werbespot je etwas über "HELDINNEN der LIEBE" verlauten lassen, obwohl Frauen seit Generationen zu befriedigendem gesellschaftlichem Zusammenleben der Geschlechter gewisse Pillen schluckten. Typisch!
Quelle:123rf

Die Hoffnung nicht aufgeben!
In der 2. Dekade des 21. Jahrhunderts zeichnet sich ein Hoffnungsschimmer am Horizont ab, der Frauen ermöglichen soll, den ah! so verführerischen, bis dato versagten Ruhm als   "HELDINNEN der LIEBE" erlangen zu können. Der Name des Hoffnungsschimmers: addyi, Wirkstoff FLIBANSERIN.

FLIBANSERIN wurde ursprünglich von Boehringer Ingelheim zur Behandlung von Depressionen getestet. Es stellt sich heraus, dass es keine antidepressive Wirkung zeige, dafür aber ein etwaiges  vermindertes sexuelles Verlangen beeinflussen könne.
Nach dem Boehringer auf Rechte an FLIBANSERIN verzichtete, übernahm das US-Unternehmen Sprout Pharmaceuticals den Wirkstoff und  begann ein klinisches Programm zur Behandlung  des  „verminderten sexuellen Verlangens bei Frauen“, HSDD (Hypoactive Sexual Desire Disorder).
Das Zulassungsverfahren für diesen Stoff in den USA erwies sich als schwieriges Unterfangen. Erst nach dem 3. Anlauf entschied die US-Arznei-Behörde FDA die Zulassung von  FLIBANSERIN zur Behandlung der HSDD, wenn auch mit Vorbehalt. Marktname: addyi. Dabei sollen  nach US-Medienberichten die Lobbyisten des Herstellers kräftig mitgemischt haben. Und sie brachten Gender-Mainstreaming würdige Argumente vor: Sie unterstellten der FDA eine frauenfeindliche Haltung, da sie ein Potenzmittel (Sildenafil) für Männer zugelassene habe, das gleiche Recht aber Frauen verweigere.

Nun ist addyi zugelassen, für die Behandlung von  HSDD - wenn sich ausschließen kann, dass die Lustlosigkeit nicht durch Krankheit, Medikamenteneinnahme, Schwangerschaft oder auch durch eine unglückliche Partnerschaft erklären lässt.
Und so könnte der Tag, an dem addyi das Licht des Markts erblickte - 19. August 2015 - der Geburtstag der "HELDINNEN der LIEBE" werden, wie einst durch Viagra die „HELDEN der LIEBE“ ins Leben gerufen worden sind.

Damit ist aber Schluss, mit der Analogie zwischen Viagra und addyi.
Quelle:123rf
addyi wird zwar umgangssprachlich „Viagra für Frauen“ genannt, was aber eine unzutreffende Bezeichnung ist. Nicht nur, dass die Viagra-Pillen - typisch Mann - blau sind,  und die  addyi-Pillen rosa -typisch Frau. Die Bezeichnung ist ganz und gar unzutreffend in Bezug auf Indikation und Wirkung.

Sildenafil Quelle:Wikipedia
SILDENAFIL, der Wirkstoff von Viagra, gehört einer Groppe gefäßerweiternder Stoffe. Das Präparat wird u. a. bei erektiler Dystonie eingesetzt.
Ausmaß und Dauer einer Erektion hängen vom Blutzufluss -und Abfluss in den Penisschwellkörpern (typisch Mann)  ab. Wird der Mann sexuell erregt, führt dies  in den betreffenden Muskelzellen des Schwellkörpers zur Bildung eines zellulären Botenstoffs, der für die Weiterleitung von Signalen in der Zelle verantwortlich ist, cGMP(cyclisches Guanosinmonophosphat). Die Muskeln entspannen sich, Gefäße erweitern sich. Das arterielle Blut fließt in die Schwellkörper und löst eine Erektion aus. SILDENAFIL wirke, indem es dafür sorgt, dass auch geringe Mengen vom zellularen Botenstoff zu einer Erektion führen.
Flibanserin Quelle:Wikipedia

addyi, mit dem Wirkstoff FLIBANSERIN,  ist für Frauen  vor der Menopause bestimmt, die unter vermindertem sexuellem Verlangen leiden sollen.
 Die Wirkungsmechanismen von FLIBANSERIN spielen sich im Gehirn (typisch Frau) ab, wo sie die Freisetzung derartiger Neurotransmittern beeinflusst, die an der Steuerung von Sexualfunktionen beteiligt sind. So sei einerseits die Freisetzung des sexualitätshemmenden Serotonins gehemmt und andererseits die Freisetzung der sexualitätssteigernden Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin gesteigert.

FDA zufolge habe FLIBANSERIN in klinischen Versuchen, beim  Vergleich zwischen Frauen, die FLIBANSERIN einnahmen und Frauen einer Placebo- Gruppe, gewisse Wirkungen erkennen lassen:
-    eine statistische Steigerung der sexuellen Befriedigung, (SSE, Satisfying Sexual Events):
-    eine statistische Steigerung sexuellen Verlangens, (FSFI, Female Sexual Function Index);
-    eine Verminderung des Leidensdrucks bezüglich Lustlosigkeit („Distress Score“).
Diesen Wirkungen stünden allerdings Risiken wie Schwindel, Übelkeit,  Blutdruckabfall, Ohnmachtsanfälle, Benommenheit gegenüber. Die Kombination mit bestimmten Medikamenten und Alkohol könne die Nebenwirkungen noch verstärken.

Quelle: 123rf
Männer sind, und Frauen auch!
Quelle:123rf
Ein bestimmtes Medikament beeinflusst, bei einem Mann, einen bestimmten Botenstoff, der dann an einer bestimmten Stelle in seinem Organismus eine Reaktion auslöst, die der Mann eigentlich gewollt hatte, aber nicht durchführen konnte. Und für die herbeigeführte Leistung wird er bewundert.
Ein bestimmtes Medikament beeinflusst, bei einer Frau, bestimmte Botenstoffe, die dann an einer bestimmten Stelle in ihrem  Organismus eine Reaktion auslösen, für die sie sich eigentlich zur Verfügung hätte stellen können, ohne es aber unbedingt zu wollen.
Ob sie für die Steigerung des sexuellen „Wollens“ bewundert sein wird?
Abwarten. Das Präparat addyi ist in Deutschland noch nicht zugelassen. Und nach Erfahrungen mit der Pille im Hinblick auf HELDENTUM  sind Zweifel angebracht.
Bewundert, Ruhm erlangen!
Was heißt schon Ruhm? „Der Ruhm ist ein Kreis im Wasser, der sich immer weiter entwickelt, bis er ganz verschwindet“- so eine Lebensweisheit.

Männer sind, und Frauen auch - auch  im 21. Jahrhundert, genauso wie seit jeher. Sie können die Pharmaforschung beflügeln - eben weil sie typisch Mann und typisch-Frau sind.
So beispielsweise nach dem Erfolg mit SILDENAFIL bei Männern, mit einem gewinnbringenden Markt für Frauen mit sexuellen Funktionsstörungen. Das Kapitel HELDENTUM ist dabei vernachlässigbar.

Quelle: mit Material vom aerzteblatt

PS aus aktuellem Anlass: Wir haben den Höhepunkt der sexuellen Aufklärung doch noch nicht erreicht!
„Wir lernen nicht, wie man einen guten Blowjob macht. Es gibt immer noch Frauen, die nicht wissen, wie sie masturbieren können“ -  so eine Sexualmedizinerin und Psychotherapeutin zum Thema addyi im aktuellen
(Heft Nr. 36 / 27.08.2015). Und ein wichtiger Grund für Lustlosigkeit sei eben diese mangelnde Technik. Der Ansicht, die mangelnde Technik mit einer Pille wettzumachen, sei mit Skepsis zu begegnen - sagt die Expertin.