Mittwoch, 24. Juni 2015

Antibiotikaresistenz. Der Weg und der Wille zu ihrer Bekämpfung

Unser ständiger Begleiter, in guten wie in schlechten Tagen, von dem wir uns nie trennen können, ist unser MIKROBIUM.
Das MIKROBIUM bedeutet nichts anderes, als die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die in uns und auf uns leben. Es sind die Darmbakterien, welche die Darmflora bilden, es sind Bakterien, die auf der Haut (Hautflora), wie auch Bakterien, die in der Mundhöhle, Schleimhäute… leben.
Die meisten Bakterien im MIKROBIUM sind essentiell für unsere Gesundheit. Sie bescheren uns gute Tage, indem sie die Verdauung unterstützen, das Immunsystem und vermutlich auch, was wir essen, beeinflussen.
Die meisten Bakterien heißt es nicht alle Bakterien. Einige unserer Untermieter in der Wohngemeinschaft MIKROBIUM sind uns nicht wohlgesonnen. Die Darmflora beispielsweise soll eine wichtige Rolle bei der Weitergabe von Resistenzen an Krankheitserreger spielen – Krankheitserreger, Auslöser unserer schlechten Tage mit Schmerz und Leiden.

Aber auch umgekehrt! Die Einflüsse unseres modernen Lebensstils sind nicht spurlos am MIKROBIUM vorbeigegangen. Stress, Ernährungsgewohnheiten, Medikamente, darunter auch Antibiotika haben es geprägt, vielleicht sogar beeinträchtigt?
Inwiefern eine Beeinträchtigung vorliegt, haben die Forscher vor kurzem durch die Mikrobium-Analysen eines im Amazonasgebiet von Süd-Venezuela lebenden Volksstamms der Yanomami erkennen  können.
Es stellte sich heraus, dass
Quelle:Wikipedia
Yanomami, die weitgehend isoliert von der modernen Zivilisation leben, artenreichere Bakterien in sich tragen als jedes andere Volk. Das Mikrobium von Menschen aus  High Tech Gesellschaften ist im Vergleich etwa 40% artenärmer, so die Forscher.
Eine noch größere Überraschung bereitete die Erkenntnis, dass das Mikrobium des Yanomami, Menschen ohne jeglichen Kontakt zu Antibiotika, viele Genen enthielt, die Bakterien Resistenzen gegen alle Arten von Antibiotika verleihen. Und zwar nicht nur Resistenzen gegen natürliche Antibiotika, sondern auch gegen moderne  synthetische Antibiotika, wie Cephalosporine der 4. Generation - Medikamente, die bei uns für die schlimmsten Infektionen in Reserve gehalten werden.  Als Erklärung zu diesem Phänomen vermuten Forscher, dass die Immunität gegen synthetische Stoffe als eine Art Nebenwirkung für Resistenzmechanisme auftritt, die sich bei Yanomami eigentlich gegen antibiotische Wirkstoffe aus der Umwelt entwickelt haben.
Das könnte nach Ansicht der Forscher auch erklären, warum bei uns Resistenzen gegen neue Medikamente oft schnell entstehen.

Tabletten Quelle:123rf
Was nun?
Maßnahmen wie der kritische Einsatz von Antibiotika bei präventiver Behandlung und Behandlung harmloser Infektionen, die konsequente Anwendung von Hygieneempfehlungen im Bereich Prävention und Krankenhaus oder der verantwortungsvolle Umgang mit Antibiotika zur Anzucht von Masttieren können zwar die Gefahr einer Antibiotikaresistenz minimieren. Auf diese Wiese konnte in Deutschland in den letzten Jahren bei einem der bekanntesten multiresistenten Bakterium MRSA (Methicillin Resitenten Staphylococcus Aureus) eine weitere Zunahme aufgehalten und zuletzt ein Rückgang verzeichnet werden

Dennoch ist die Entwicklung neuer Antibiotika wegen Entstehung immer neuer Resistenzen unerlässlich.
Wie Forscher nun feststellen konnten, hat der moderne Lebensstil unser MIKROBIUM arg geschrumpft. Aber der gleiche Lebensstil, mit seiner Entwicklung auf der Basis moderner Informationstechnologien in Verbindung mit den Fortschritten auf dem Gebiet der Humangenetik, ermöglicht auch genetische Analysen von Bakterien. Sie klären über Infektionsketten auf und zeigen Entstehungs- und Verbreitungswege von „Resistenzgenen“ und ihrer Information für zelluläre Mechanismen auf, mit denen Bakterien die Wirkung von Antibiotika zunichtemachen können.

Demnach ist der Weg zum Ziel - Entwicklung dringendst gebrauchter Antibiotika - genau gekennzeichnet: Grundlagenforschung auf der Basis vorhandener wissenschaftlicher  Erkenntnisse und Kenntnisse. Man braucht nur der Wille ihn zu beschreiten. Kein leichtes Unterfangen! Aber in einer Gesellschaft, in der Gesundheitswesen zum Gesundheitsmarkt und Patient zum  Versicherten mit Recht auf Eigenverantwortung mutiert haben, soll das machbar sein.
Zumal an Unterstützung  von höchster Ebene nicht fehlt. Staats- und Regierungschefs der  7 führenden Wirtschaftsnationen haben das Problem ANTIBIOTIKARESISTENZ auf ihre Tagesordnung gesetzt. Und am Ende des Gipfeltreffens, das dieses Jahr im Juni auf Schloss Elmau stattfand, wurde eine diesbezügliche Gipfelerklärung verabschiedet. Darin machen die Großen dieser Welt deutlich, dass sie starke Partner in der Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen sind und den Globalen Aktionsplan der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützen!
 Zwar denken die USA z. Z. nicht daran, auf ihre standardmäßige Antibiotika-Behandlung von Zuchttieren zu verzichten oder sie zumindest einzudämmen. Der Wille zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz ist aber da, sie haben die Gipfelerklärung unterschrieben. Wo ein Wille ist, da ist doch auch ein Weg, und der vorhandene High Tech-Weg kann direkt zum gewollten Ziel führen.