Aber diejenige, die jedem von uns die unermesslich wertvolle Gunst erweist, ist unsere eigene INNERE UHR. Bleiben wir in ihrer Gunst, können wir einen erfreulichen Ausgleich zwischen den Funktionen Aktivität und Regeneration unseres Körpers verzeichnen.
Verschiedene Funktionen unseres Körpers verlaufen in Zeiträumen von Minuten, Tagen, Monaten.
Viele dieser Funktionen haben einen sich periodisch wiederholenden Zyklus von etwa einer Tageslänge. Sie werden als „zirkadiane Rhythmen“ bezeichnet, (lat. „circa“ =etwa, ungefähr, „dies“ =Tag).Temperatur, Puls, Blutdruck, Leber- und Nieren-Funktionen ebenso wie der Schlaf-Wach-Rhythmus unterliegen zirkadianen Rhythmen. Auch die Freisetzung mancher Hormone - wie die Hormonen der Nebenniere, die Glukokortikoide, die fast alle Zellen und Organe des Organismus beeinflussen, das Wachstumshormon Somatotropin oder Melatonin, das den natürlichen Schlaf steuert - erfolgt als zirkadianer Muster in 24 Stunden-Rhythmus.
Wir haben keinen Einfluss auf diese sehr komplexen Biorhythmen. Ihr innerer Taktgeber wird genetisch reguliert. Forscher haben mittlerweile nicht nur die sogenannten UHRGENE entdeckt, sondern sie kennen auch den Sitz der zentralen INNEREN UHR. Er liegt auf der Höhe des Nasenrückens über (supra) der Kreuzung der Sehbahnen (Chiasma) und ist nicht größer als ein Reiskorn. Diese zentrale INNERE UHR, aufgrund ihrer Lage den unaussprechlichen Namen SUPRACHIASMATISCHER NUCLEUS (SCN) tragend, synchronisiert ihren Takt vor allem mit dem Wechsel von Hell und Dunkel.
So wenn beispielsweise Licht auf die Netzhaut trifft, senden Fotorezeptoren Signale an die Nervenzellen des SCN. Diese werden aktiviert und senden Impulse aus, die in der Zirbeldrüse die Ausschüttung eines wichtigen Transmitters unterdrücken – des Schlafhormons Melatonin. Je weniger Licht auf das Auge fällt, desto mehr Melatonin schüttet die Zirbeldrüse aus. Die Sekretion des Hormons ist daher nachts vielfach höher als während des Tages. Ansteigende Melatonin-Spiegel machen müde, verringern die Körpertemperatur und dämpfen die Aktivität des Nervensystems.
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Früh morgens schießen hohe Mengen des Hormons Cortisol in den Blutkreislauf. Es trimmt uns auf
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Es mischen viel zu viele Faktoren mit, von Menschen mit unterschiedlichster genetischer Prägung.
Die größte Leistungsfähigkeit am Vormittag könnte zwischen 9 und 12 Uhr oder auch erst ab 10 Uhr, dann aber über den Mittagszeit hinaus heißen. Es gibt doch der LERCHEN- und der EULEN -Typ. Der EULEN-Typ kommt später in Schwung als der LERCHEN-Typ. Es heißt: ein hoher Testosteronspiegel im Blut am frühen Morgen, was 6 Uhr oder 7 Uhr, vielleicht schon 5 Uhr (?) bedeuten kann. Ab etwa 15 Uhr sei die Schmerzempfindlichkeit am geringsten. Für eine Zahnbehandlung bedeutet dies, sich um einen Termin ab etwa 15 bis 17 Uhr, vielleicht noch 17:30 Uhr zu bemühen.
Dennoch sind die Erkenntnisse aus den statistischen Daten von unschätzbarem Wert in der Diagnostik und Therapie.
Die INNERE UHR kann die Ergebnisse einer Labordiagnostik mehr oder weniger stark beeinflussen.
Es wird beispielsweise eine Blutprobe für die Bestimmung der Cortisol-Plasmakonzentration am Morgen abgenommen. Ein Normalwert der Cortisol-Plasmakonzentration am Morgen, könnte am Abend auf eine akute Aktivierung des Systems Hypothalamus -Hypophyse- Nebenrinde hinweisen, die eventuell behandelt werden muss. Gehört der Patient dem Chronotyp der EULEN oder sind womöglich andere externe Faktoren im Spiel, wie u.a. eine Schichtarbeit? Es sind Fragen, die gestellt und beantwortet werden müssen - für die richtige Diagnose und eine anschließende zeitlich gezielte Therapie.
Viele Arzneimittel wirken je nach Tageszeit unterschiedlich. Dies basiert auf den jeweiligen körperlichen Vorgängen, die zu einer bestimmten Zeit ablaufen.
Einige Beispiele
ASS
Es ist erwiesen, dass die Acetylsalicylsäure, ein nichtsteroidales Antirheumatikum (NSAR) am Abend eine weniger magenschleimhautschädigende Wirkung besitzt, weshalb die abendliche Einnahme vorzuziehen ist.
Kortison
Wie wichtig das richtige Abstimmen der Einnahmezeiten auf den menschlichen Organismus ist, zeigt sich am Beispiel der Kortisontherapie. Im Laufe eines Tages kommt es zu deutlichen Schwankungen in der körpereigenen Kortisonproduktion. Maximale Werte werden morgens zwischen 6 Uhr und 9 Uhr erreicht. Gegen Mitternacht produziert der menschliche Körper am wenigsten Kortison. Werden Kortisone aus therapeutischen Gründen zugeführt, z.B. bei Entzündungen oder als Immunsuppressivum nach Organtransplantationen, so geschieht dies in der Regel morgens, zeitgleich mit der körpereigenen Kortisonproduktion. Da zu diesem Zeitpunkt der Kortisonspiegel seinen Höchstwert aufweist, wird das zugeführte Kortison weniger vom Körper wahrgenommen, als dies zu späteren Tageszeiten der Fall wäre. Auf diese Weise lassen sich die Nebenwirkungen verringern.
Betablocker
Tagsüber überwiegt bei uns normalerweise die Sympathikus-Aktivität. Das sympathische Nervensystem wirkt antreibend und leistungssteigernd. D. h. es erhöht die Körpertemperatur, beschleunigt Herzschlag und Atmung und kann u. a. zugleich unsere feinsten Arterien (Arteriolen) verengen, was zu Erhöhung des Blutdrucks führt.
Einige Bluthochdruckmedikamente, z.B. Betablocker, hemmen die während des Tages gesteigerte Sympathikus-Aktivität. Ihre Wirkung kann sich deshalb tagsüber vollständig entfalten. Nachts hingegen überwiegt der Parasympathikus, weshalb zu dieser Zeit der Blutdruck und der Puls abfallen. Ein Betablocker würde jetzt nicht von Nutzen sein.
H2-Antihistaminika
Die Erkenntnis der Wechselwirkungen zwischen Biorhythmus und Arzneimittelwirkung ist auch bei den H2-Antihistaminika von Bedeutung. Sie werden bei Magenbeschwerden eingesetzt, um die Säureproduktion zu verringern. Es wurde festgestellt, dass die Magensäuresekretion beim Menschen einen bestimmten Rhythmus aufweist. Sie erreicht dabei abends ihren maximalen Wert. Deshalb ist die einmal tägliche Einnahme von säureneutralisierenden Arzneimitteln abends sinnvoll und oft ausreichend. Früher war es üblich, die Einnahme mehrmals täglich über den Tag zu verteilen.
Wir können unsere INNERE UHR nicht beeinflussen. Bereits im Erbgut ist festgelegt, in welchem Rhythmus sie bei jedem einzelnen Menschen tickt. Aber jeder Einzelne unter uns sollte nach besten Wissen und Gewissen dem Ticken seiner INNEREN UHR folgen. Sie ist doch stets bemüht zu Gunsten „ihres“ Einzelnen zu ticken. Und bei jedem Gesunden schafft sie tatsächlich, verschiedene Rhythmen im Einklang und Harmonie zu halten.
Aber auch in Krankheit tut die INNERE UHR ihr Bestes.
Ein neuer Forschungszweig ist entstanden: die Chrono-Pharmakologie (grch. , etwa zeitlich gezielte Arzneimittel-Lehre).
Dabei untersuchen Wissenschaftler intensiv die tagesrhythmischen Veränderungen in Organen, um neue Behandlungskonzepte entwickeln zu können. Denn wie ein Medikament wirkt, hängt oft von der Tageszeit ab, zu der es eingenommen wird. Und so können die Biorhythmen der Organe genutzt werden, um gewünschte Wirkungen von Medikamenten zu fördern, Nebenwirkungen hingegen zu verringern.