Donnerstag, 1. November 2012

Grippeimpfung: Die saisonal wiederkehrende Schlagzeile

In Deutschland besteht keine Impfpflicht. Impfempfehlungen und grundsätzlich Maßnahmen für die geeignete Prophylaxe werden aufgrund der Angaben der „ständigen Impfkommission“, STIKO, ausgesprochen.
Sie werden einmal jährlich im Epidemiologischen Bulletin des Robert –Koch-Instituts, RKI, veröffentlicht. Auf den Impfseiten des RKI werden seit 2004 außerdem ausführliche Begründungen der Empfehlungen publiziert.
Im Hinblick auf INFLUENZA empfiehlt die STIKO jährliche Impfung im Herbst.
Da sich der Grippeerreger von Jahr zu Jahr verändert, sollte der Impfstoff  der jährlichen Impfung der jeweilig aktuellen von der WHO empfohlenen  Antigenkombination entsprechen.
STIKO empfiehlt in erster Linie die Schutzimpfung aller Personen ab 60 Jahre. Darüber hinaus werden Indikationsimpfung für bestimmten Personengruppen ausgesprochen: Personen jeden Alters mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes und andere Stoffwechselkrankheiten, Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen,  das medizinische Personal. Die  Indikationsimpfung sei ebenfalls empfehlenswert  für Personen, die beruflich viel mit anderen Menschen in Kontakt kommen oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Doch könne sich grundsätzlich jeder bei seinem Arzt impfen lassen.

Die prophylaktische Grippeimpfung braucht nach Angaben des Paul-Ehrlich Instituts 8-14 Tage, bis sich der Impfschutz aufbaut. Wer sich in dieser Zeit infiziert, muss die Grippe entweder aushalten ODER sie mit einem Virenhemmer wie Zanamivir / Oseltamivir  behandeln lassen. Diese Präparate sollen lediglich die Symptome mildern und die Erkrankungsdauer etwas abkürzen. Dadurch sinkt auch das Risiko schwerer Folgeerkrankungen.
Im vergangen Jahr ist ABER die Wirksamkeit dieser Medikamente (u.a.) von Wissenschaftlern einer Non-Profit-Organisation, der Cochrane Collaboration, durch eine Übersichtsstudie in Frage gestellt worden.

Die Gesundheitsexperten sind sich darin einig, dass die Grippeschutzimpfung die Erkrankung ZWAR nicht in jedem Fall verhindern könne, sie trage JEDOCH gerade bei  klassischen Zielgruppe, bei Älteren, zu einer Verringerung der Komplikationen und des Schweregrades bei.
Nun stellt sich unsere gemeinnützige Organisation, die Stiftung Warentest, ausdrücklich GEGEN einige von der STIKO ausgesprochene Impfempfehlungen, wie z. B. die Grippeschutzimpfung.
Ein Expertenkreis hat für die Einschätzungen der Stiftung Warentest Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Impfungen und den zugehörigen Krankheiten beurteilt. Aus Sicht dieser Experten sei es wenig sinnvoll, ältere Menschen generell gegen Grippe, Pneumokokken und Gürtelrose zu impfen. Begründung:  die Wirksamkeit der Grippeimpfung nehme mit zu nehmendem Alter nachweislich ab.

Lässt man sich trotz diesen und vielen anderen Kontroversen impfen, ist man (zumindest dieses Jahr)  längst nicht auf der sicheren Seite. Bei zwei Grippe-Impfstoffen des Schweizer Pharma-Konzerns Novartis wurden gefährliche Nebenwirkungen befürchtet. Deshalb wurde nach Italien, Österreich und der Schweiz jetzt auch in Deutschland die Auslieferung von fünf Chargen gestoppt.
Angesichts des erwarteten Mangels an Grippeimpfstoff nach diesem Auslieferungsstopp zog der Präsident der Bundesärztekammer die bevorzugte Impfung bestimmter Gruppen von Risikopatienten in Erwägung. Es geht dabei um Menschen mit angegriffenem Immunsystem wie etwa Krebspatienten, ÄLTERE und Kinder, die vorrangig geimpft werden sollten.
Einen Grund zu Panik bei Impfstoff-Knappheit gebe laut Ärztepräsident ABER nicht. Und auch nicht nach Ansicht des  STIKO-Vorsitzenden da es gar nicht unbedingt nötig sei, sich in den nächsten Tagen impfen zu lassen. Denn "Die echte Virusgrippe kommt meist erst Anfang Januar."
Außerdem seien in Deutschland Presseberichten zufolge, neben den beiden betroffenen Novartis-Impfstoffen insgesamt 14 weitere Impfstoffe für die saisonale Grippe 2012/2013. zugelassen.

Oder und auch, zwar und jedoch, gegen, aber, wenig sinnvoll, im Herbst oder später oder gar nicht bei Senioren! Eine gewisse Verunsicherung macht sich breit.
Es gibt heute eine noch nicht dagewesene Vielfalt an Impfstoffen.
Und diese Impfstoffe haben ohne „Wenn und Aber“ nicht die gleiche Wirkeigenschaft und sind auch nicht gleich verträglich für die unterschiedlichen Alters-und Risikogruppen.
Denn eine optimale Anwendung der zur Verfügung stehenden Influenza-impfstoffe
richtet sich nun mal nach den Besonderheiten der Kinder, die noch keinen Kontakt zu Influenzaviren hatten, der Menschen mit Grundimmunität nach Impfung oder durch natürliche Infektion, Senioren mit einem schwächer werdenden Immunsystem und Personen mit Grunderkrankungen.
 

Heute bietet tatsächlich nur die jährliche Impfung die Möglichkeit, sich vor einer Influenza zu schützen. Die Impfung muss ABER vor dem Viruskontakt stattfinden und wirkt nur gegen die für den Impfstoff ausgewählten Virustypen. Der Grund:  diese Impfung aktiviert unser sogenanntes adaptives Immunsystem, jener Teil unserer Immunabwehr, der spezielle Erreger mit Antikörper bekämpft.
Verbesserte Methoden zum Grippeschutz werden offensichtlich benötigt. Und die Wissenschaftler lassen uns hoffen - auf eine universelle Grippeschutzimpfung, sogar auf einen Medikament gegen alle Grippeviren-Typen.

Die Ursache der sich von Jahr  zu Jahr sich verändernden Influenzaviren ist ein Protein an ihrer Oberfläche, das jede Saison mutiert  und daher die Virologen immer wieder zur Anpassung ihrer Impfstoffe zwingt: das Hämagglutinin.
Wie eine letztes Jahr in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlichte Studie besagt,  haben  US- Wissenschaftler  einen Antikörper entdeckt, der gegen den Großteil der Grippevirenstämme wirksam sein soll: Den Antikörper CH65.
CH65 sei in der Lage die Hämagglutinin-Oberfläche von 30 der 36 bekannten Grippevirenstämme zu erkennen und anzugreifen.
Der Antikörper CH65 wurde den Forschern zufolge im Blut einer Versuchsperson gefunden, die sich 2007 gegen Grippe hatte impfen lassen. Wissenschaftler Stephen Harrison sagte dazu: „Das zeigt uns, dass das menschliche Immunsystem sehr wohl in der Lage ist, Antikörper zu entwickeln, die gegen verschiedene Generationen von Influenza-Viren wirken“.
Der Antikörper CH65 könnte nun das Umgehen der saisonalen Impfstoffanpassung der Medizin ermöglichen.

Wie im Falle einer universellen Grippeimpfung, bei der die Aktivierung des körpereigenen Immunsystems eine entscheidende Rolle spielt, so auch bei einem Medikament, das gegen alle Grippetypen wirken soll.
Das Ziel der Forscher war es, die angeborene Immunabwehr in der Lunge gegen Grippeviren zu mobilisieren. Dazu setzten sie einen cytokinen  Wachstumsfaktor namens GM-CSF ein.
Er sorgte in Experimenten mit Mäusen für eine erhöhte Zahl von Immunzellen in der Lunge, was effektiv den ansonsten tödlichen Verlauf einer nachfolgenden Infektion mit Influenzaviren verhinderte.
Im Gegensatz zu einer Impfung wäre eine solche Therapie sehr schnell und wahrscheinlich gegen alle Typen von Grippeviren wirksam, schrieben die Wissenschaftler vom Health Science Center der University of Texas in der Fachzeitschrift „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“. GM-CSF-Präparate werden bereits als Injektionen zur Behandlung bestimmter Krankheiten eingesetzt und haben sich als gut verträglich erwiesen. Dabei könnten klinische Studien zum Grippeschutz schon bald beginnen.
Trotzdem werde es noch Jahre dauern, glauben die Forscher, bis diese Form der Vorbeugung oder Therapie allgemein verfügbar sein wird.

Bis eine neue Art von Grippeimpfung oder Medikament als Prophylaxe oder Therapie auf den Markt kommt, bleibt es bei der jährlichen Grippeimpfung wohl bei „Oder und auch, zwar und jedoch, gegen, aber, wenig sinnvoll, im Herbst oder später oder gar nicht bei Senioren!“
Manchmal könnte man bei den jährlich wiederkehrenden  Schlagzeilen und Berichten über die Grippe lachen. Und „Lachen ist die beste Medizin“ - sollte man meinen, ABER (!) zum Lachen ist das alles zu ernst. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO erkranken jährlich weltweit 3 bis 5 Millionen Menschen an der saisonalen Grippe. 250.000 bis 500.000 sterben daran, (April 2011).
Wir haben JEDOCH Glück! Denn wir leben in Zeiten der Genetik und ihrer zahlreichen Gebiete.
Nach Entwicklung geeigneter Analysenmethoden für Organismen mit sehr kurzen Generationsdauer und der damit verbundenen ungeheuren Vermehrungsquote öffneten sich für die Bakterien /Viren-Genetik ungeahnte Möglichkeiten.
Nicht nur Geräte, Software, Daten stehen bereits Gewehr bei Fuß, sondern auch unser Immunsystem, (Immunsystem, lateinisch immunis, im übertragenen Sinne unberührt, frei, rein).
 Durch diese Kombination können wir in naher Zukunft, wenn auch nicht „unberührt“ davon kommen, dann zumindest  befreit werden von Viren, Bakterien & Co. -  mit weniger Nebenwirkungen als heute.