Montag, 6. Mai 2019

INTELLIGENTE SEXUALITÄT 4.0

Amor besigt alles/Caravagio /1602/Wikipedia
Eros hieß in dem antiken Griechenland  der Gott der begehrlichen Liebe, Amor oder Cupido (Begierde, Leidenschaft) bei den alten Römern.
Er erscheint  in der frühen  griechischen Kunst  als heranwachsender Jüngling, geflügelt, später mit Bogen und Pfeilen, wobei  eine auf das Herz gezielte goldene Pfeilspitze die Leidenschaft entfachen, eine bleierne die Leidenschaft abtöten soll. Oft erscheint Amor auch zusammen mit Psyche -  das griechische Wort für Seele.
Es war die antike
Amor u. Psyche/Canoval/1792/Wikipedia
Anschauung der Liebe, die zugleich sinnlich, seelisch und geistig ist. 

Auch in unserer modernen, sexual aufgeklärten Gesellschaft  sieht man die Sexualität als die Einheit von Erotik, Liebe und Sex: die Erotik - ein Blickkontakt, ein Lächeln, ein Gespräch, eine Berührung, das zunehmende Verspüren einer Anziehungskraft. Das beflügelt die Sinne und führt zur Liebe -euphorische Glücksgefühle /die ganze Welt umarmen zu wollen,  ständiges Nachdenken über das potentielle Objekt der Begierde, ein Verlangen nach der Erwiderung der eigenen Gefühle, was zunehmend das Verlangen nach einer Bindung entstehen lässt, die nicht rein platonisch ist - nach dem Sex.

Auch in unserer modernen, sexual aufgeklärten Gesellschaft  sieht man zwar die Sexualität als die Einheit von Erotik, Liebe und Sex. Da aber gesellschaftliche Normen der Sexualität einen breiteren Spielraum gewähren, kann sie im erhöhten Ausmaß mit individuell unterschiedlichsten Inhalten erfüllt werden.
One-Night-Stands, Escort-Services, Swinger- Clubs sind Beispiele derartiger Inhalte,  die je nach Persönlichkeit eines Menschen zu den Selbstverständlichkeiten seiner Lebensgewohnheiten werden können.
Das englische Wort SWING bedeutet nicht nur Schaukeln, Schwingen  sondern auch Spielraum. Und  es haben sich viele sexuelle Spielräumen entwickelt, mit allen ihren „Shades“/ Schatten und Schattierungen: Bondage (Fesseln, Fixierung) und Discipline (Disziplinierung des Partners, meist durch leichte Schläge oder Quälereien), Dominance und Submission (Dominanz und Unterwürfigkeit, wie z. B. durch Rollenspiele inszenierte psychische Machtstellung), Sadism und Masochism (Sadomasochismus, Sexualpraktiken, die mit Lust an Schmerzen  in Verbindung stehen).

Alte Hüte würde man sagen. Denn wir leben im Zeitalter der digitalen Technologie, die immer mehr Bereiche unseres Lebens erobert und auch vor der Sexualität nicht halt macht.

Den richtigen Partner zu finden, dem Zufall, dem Schicksal überlassen? Doch Zufall und Schicksal lassen sich manchmal viel Zeit. Nicht so Online-Partnervermittlungen, die dank der künstlichen Intelligenz schnelle(re) Abhilfe schaffen können.
Die speziellen  Algorithmen, die künstliche Intelligenz, kurz die KI! Algorithmen sind „intelligent“ weil sie die Fähigkeit haben, selbstständig zu lernen, oder wie die Informatiker sagen: sie beruhen auf „maschinellem Lernen“.
Werden Daten sowie beschreibende Informationen in einem mit intelligenten Algorithmen ausgestatteten Computerprogramm eingegeben, versucht das Programm in den Daten Muster und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Werden Muster und Gesetzmäßigkeiten erkannt,  kann es dann eine statistische Wahrscheinlichkeit angeben, mit der es glaubt, den richtigen Partner/ die richtige Partnerin gefunden zu haben.  

Die KI kann nicht nur als Vermittler von zwischenmenschlichen Beziehungen dienen. Sie kann zwischenmenschliche Beziehungen mit  „digitalmenschlichen“ Inhalten ergänzen. Vielleicht ein Vibrator mit Fernbedienung? Damit kann ein Mann eine Frau elektronisch stimulieren, selbst wenn er sich gerade auf der anderen Seite der Welt aufhält. Mittlerweile soll es ähnliche Geräte für beide Geschlechter im Angebot geben und dazu noch Social-Media-Plattformen, auf denen die Nutzer „Kontakt aufnehmen“ können.
Wenn auch derartige Virtual-Reality- Spielzeuge dafür sorgen können, dass Sex sicherer wird, bergen sie laut Sexualforschern auch negative Aspekte.
Ihr Suchtpotential ist groß. Denn die Technik bietet den Nutzern ständig mehr hocherregende sexuelle Möglichkeiten. Die Folge sei, dass Weltweit immer mehr Nutzer derartiger digitalmenschlicher Inhalte bei den Sexualtherapeuten landen, da deren Sexverhalten völlig außer Kontrolle geraten ist.

Der letzte Schrei auf dem Gebiet der digitalen Sexualität sind aber die Sexpuppen!



Medien zufolge gibt es sie seit einem Jahr, als das weltweit erste Sexpuppen-Bordell in Barcelona öffnete. Es folgten weitere in Nordamerika, Frankreich, Russland, Italien, und auch in Deutschland, wo das erste Sexpuppen-Bordell in der Domstadt Speyer seine Pforten öffnete.
„Private Zaubermäuse“, „Wenn Erwachsene mit Puppenspielen“, „Sex der Zukunft - Im Puppenbordell werden alle Fantasien bedient“ - lauteten manche Schlagzeilen. Und Sexpuppen-Tests gibt es auch schon in Hülle und Fülle.

Ob es bei der Entwicklung intelligenter Roboter zum Einsatz in der Industrie, in intelligenten Verkehrssystemen, in der Logistik, im Gesundheitswesen oder der Wissenschaft geht, das Thema KI wirft noch viele Fragen auf.
 Nun kommt die neue Entwicklung im Bereich der Sexualität 4.0 hinzu, die rechtliche, gesellschaftliche, moralische, ethische Fragen aufwirft.
Kann Sex mit einer Puppe als Prostitution bezeichnet werden?
Bei dieser Frage greifen Verwaltungsrechtler auf die Prostitutionsverordnung zurück. Sie besagt, dass an der Prostitution 2 natürliche Personen beteiligt sein müssen: der zahlende Freier und die Prostituierte, die die sexuelle Dienstleistung erbringt.
Demnach könne Sex mit einer Puppe gegen Geld nicht als Prostitution bezeichnet werden.
Verstößt der Sex mit Puppen gegen allgemein verbindliche moralische Gebote?
Aus sexualwissenschaftlicher Sicht sei Sex mit Puppen nichts anderes als ein Phänomen, das  den Wandel von Sexualverhältnissen und Sexualmoral in unserer Gesellschaft widerspiegelt. So gesehen, sei dies eine Sache der Selbstbestimmung, wobei sich die Gesellschaft grundsätzlich nicht einzumischen habe.
Kann jemand, der Sex mit einer Puppe hat, ein potentieller Straftäter sein?
Vor Hintergrund sozialpsychologischer Gesichtspunkte wird vor einer Pauschalierung dieses Themas gewarnt.
Es gebe  manche, die aus Neugier Sex mit Puppen haben und es gebe manche, die aus Angst vor Zurückweisung es tun.
Gewaltausübung  oder sadistische Vorstellungen bei Sex mit Puppen, wodurch jemand immer zur Befriedigung gelange, seien  zwar Besorgnis erregend. Dennoch daraus den Schluss zu ziehen, dass Gewalt gegen Puppen Straftaten begünstigen, sei sozialpsychologisch betrachtet ein Fehler. Richtig problematisch könnte es allerdings werden, wenn kindliche Sexroboter zum Einsatz kommen.

Wenn auch Sex mit Puppen Sache der Selbstbestimmung sei und die Gesellschaft grundsätzlich nicht einzumischen habe, müssten Sexpuppen trotzdem mit bestimmten Spielregeln ausgestattet werden, sagen Maschinenethiker.
In einem Interview mit der „Welt“ erörterte der Maschinenethiker Oliver Bendel, seine diesbezügliche Vorstellungen.
Fakt sei, dass es mittlerweile täuschend echt wirkende Sexpuppen gibt, zu denen Nutzer leicht eine emotionale Bindung aufbauen können -  mit psychologisch nicht ungefährlichen Folgen, sagt der Maschinenethiker.
Aus diesem Grund sollten Sexpuppen den Nutzer vor einer zu intensiven emotionalen Bindung warnen müssen.
Mit Gesichtserkennung und künstliche Intelligenz könnte die Sexpuppe feststellen, ob der „Partner“ Zuneigung empfindet und ihn dann auf den Boden der Tatsachen zurückbringen, indem sie sagt: „Hey, du kannst Spaß mit mir haben, dafür bin ich ja da. Aber ich sehe deinen verliebten Blick. Das geht zu weit, ich bin doch nur eine Maschine. Bedenke die Konsequenzen.“
Sexroboter sollten den Nutzer auch davor warnen, wenn er sich gesundheitlich überfordert. „Jetzt ist mal Schluss“, könnte der intelligente Sexroboter sagen, „ich sehe, dass du um die 80 bist und dich gerade überanstrengst.“
Natürlich muss bei der Entwicklung dieser Architektur der Zugang zu den gespeicherten Nutzerdaten über eine sichere Kommunikationsstruktur realisiert werden. 

Sexualwissenschaftler sagen, dass Sex mit Puppen kein Ersatz für echten Geschlechtsverkehr sei.
Denn das Gefühl begehrt zu werden, ob platonisch oder nicht rein platonisch, kann eine Puppe (noch) nicht vermitteln.

Neurobiologen haben eine sehr nüchterne Definition für die Liebe:
Liebe = elektrische Impulse zwischen Nervenzelle, Neurotransmitter und Hormonen im Blutstrom.

MRT-Bild eines menschlichen Gehirns. Schnitt sagittal, die Nase ist links.
Chrischan at German Wikipedia
(http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)]
Was, wenn intelligente Sexroboter nicht mehr auf künstliche Intelligenz sondern auf DEEP LEARNING beruhen, auf künstlichen neuronalen Netzwerken nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns?
Werden dann Algorithmen und Big Data die biologischen Prozesse, die der Sexualität/Liebe zugrunde liegen, nicht doch lenken und menschliche Gefühle erwidern können?
Fragen über Fragen!

Vielleicht sollen wir uns in Erinnerung rufen, dass es in unserer menschlichen Gesellschaft nicht nur einen von künstlicher Intelligenz immer mehr beeinflussten Alltag gibt, sondern auch  noch die natürliche menschliche Intelligenz mit ihrer Vielfältigkeit und Flexibilität. Sie hat die künstliche Intelligenz erschaffen und wird ja wohl auch noch imstande sein, den biochemischen Ausnahmezustand des Körpers namens Liebe/Sex zu analysieren und ihn dann  intelligent  zu gestalten.