Dienstag, 27. November 2018

Die Grippe -Saison 2018/2019, der Impfstoff, die Gen-Schere

Jüngst wurde des Endes des ersten Weltkrieges im November 1918 gedacht.
Das Jahr 1918 ging aber auch durch ein anderes Ereignis in die Geschichte: Die bislang größte INFLUENZA - Pandemie, die in der Saison 1918/1919 mehr als 20 Millionen Todesopfer forderte.
Sie ging von Spanien aus und wurde deshalb „Spanische Grippe“ genannt.
Die zweite aber weniger heftige Pandemie nahm 1957 ihren Anfang  in Nordchina. Diese „asiatische Grippe“ befiel  innerhalb von 2 Wochen mehr als 10 Millionen Menschen.
Obwohl  es im Jahr 1957 eine weniger heftige Pandemie als 1918 gab, bleibt das Jahr 1957 im Zusammenhang mit der akuten, fieberhaften Infektionskrankheit namens INFLUENZA ein bedeutendes  Jahr. Denn 1957 gelang es der WHO erstmals, rechtzeitig aus dem eigenen Erregerstamm der Epidemie einen Impfstoff  herzustellen.

Quelle:pixabay
In Deutschland treten saisonale Influenza - Infektionen / Grippewellen grundsätzlich im Winterhalbjahr auf. Nach Ansicht des Robert Koch-Instituts (RKI)  steige die „Influenza-Aktivität“ in den meisten Jahren im Januar oder Februar an und erstrecke sich durchschnittlich über 8 bis 10 Wochen, könne in manchen Jahren auch länger dauern.
Die Stärke der Influenzawellen  / Grippewellen schwankt von Jahr zu Jahr.
Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) des RKI gab es beispielsweise in der Saison 2012/2013 eine schwere Grippewelle und so auch in der Saison 2017/2018.

Quelle:Wikipedia

Warum man trotz einer überstandenen früheren Grippe immer wieder an Influenza erkranken kann? Das Immunsystem merkt sich doch normalerweise, wenn es bereits einmal Kontakt mit einem Krankheitserreger gehabt hat und stellt nach einer neuen Infektion bestimmte Abwehrzellen (Antikörper) zur ihrer Bekämpfung bereit.

Die Grippe-Erreger umfassen 3 verschiedene Virus-Typen: Influenza A, B und C, wobei  für Menschen die saisonal auftretenden Influenza A und B- Viren relevant sind.
Ein Grund für die alljährliche Grippe-Saison sind die Veränderungen in Struktur des genetischen  Materials dieser Viren (ihre „Mutagenität“), speziell bei den Viren von Typ A.
Bei Influenza- Viren reagieren die Antikörper auf die Proteine (Eiweiße) in der Oberfläche der Virushülle: Hämagglutinine, H, und Neuraminidasen, N. Da diese und weitere Hüllenstrukturen von den Viren verändert werden können, treten immer neue Virusvarianten mit veränderter Oberfläche auf, welche von den Antikörpern nicht erkannt werden können. Die Folge ist, dass man immer  wieder an Influenza erkranken kann.
Bei dem Virus Typ A gibt es etliche Untertypen (Subtypen).  Zur Kennzeichnung dieser Subtypen werden zusätzlich neben den Anfangsbuchstaben der 2 Oberflächenproteine  H und N Zahlen verwendet – wie beispielsweise der bei Menschen gefundene Virus-Typ H1N1 oder der bei Tieren, besonders bei Vögeln  vorkommende Virus-Typ  H3N2. Bis jetzt seien 15 verschiedene H- und 9 verschiedene N-Komponenten bekannt.
Bei den Virus-Typen B gibt es keine Subtypen, aber 2 genetisch unterschiedliche Linien: die Yamagata-Linie und die Victoria-Linie. Die Unterscheidung bezieht sich, wie bei
den Influenza A-Subtypen, auf die Oberflächenproteine, H und N. Dabei ist das H die Hauptkomponente, die eine Immunantwort auslöst, und N die Komponente, die eine wichtige Rolle bei der Freisetzung neu gebildeter Viren aus der Zelle spielt.

Die Übertragung von Influenza erfolgt insbesondere durch TRÖPFCHEN (Husten, Niesen), die über eine geringe Distanz auf die Schleimhäute der Atemwege von Kontaktpersonen gelangen können. Zudem ist eine Übertragung auch durch HÄNDEKONTAKT (Händeschütteln) zwischen einer erkrankten Person, deren Händeoberfläche mit virushaltigen Sekreten kontaminiert ist, und einer  nicht erkrankten Person möglich.

Durch Einhalten von einfachen Hygienemaßnahmen,  wie z. B. Hände waschen, Flächendesinfektion und soweit möglich die Meidung  eines engen Kontakts zu Personen mit etwaigen akuten Symptomen einer akuten Atemwegerkrankung,  kann zwar das Risiko einer Atemwegerkrankung und Influenza  vermindert werden.
Die wichtigste Präventivmaßnahme  gegen Influenza bleibt jedoch laut RKI die IMPFUNG.


Da es, wie gesagt,  viele verschiedene Typen von Influenzaviren gibt, ändert sich die Zusammensetzung des Grippeimpfstoffes jährlich.  
Für die aktuelle Saison 2018 /2019 wird erstmals von der  STÄNDIGE  IMPFKOMMISSION (STIKO) am RKI  für  die Immunisierung gegen die Influenza-Viren einen VIERFACH-Grippeimpfstoff / „quadrivalenter Grippeimpfstoff“ empfohlen.
Er enthält eine aktuelle, von der WHO empfohlene Antigenkombination, bestehend aus der klassischen „trivalenten Version“ mit 2 Subtypen des Influenza A-Virus und einem B-Virus, sowie einem zusätzlichen zweiten B-Stamm. 
Impfungen mit einem „quadrivalenten Grippeimpfstoff“ sollen STIKO zufolge  die Schutzwirkung vor Influenza verbessern und die Anzahl von Grippeerkrankungen senken.

Indikation, Zeitpunkt und praktische Durchführung der Grippeschutzimpfung würden davon unberührt bleiben.
So sollte nach wie vor die jährliche Impfung in den Risikogruppen zum Standard gehören.
Zu den Risikogruppen gehören beispielsweise  alle Personen ab 60 Jahre, chronisch Kranke, Schwangere, Bewohner von Alters- und Pflegeheimen, das medizinische Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr.
 Die jährliche Impfung sollte vor Beginn der Influenzasaison durchgeführt werden, d.h. bei uns in den Monaten Oktober und November. Zum Zeitpunkt der Impfung sollte auch berücksichtigt werden, dass eine volle Ausbildung eines Impfschutzes ca. 2 Wochen benötigt.

Nach Untersuchungen der letzten Jahre soll laut RKI die Wirksamkeit des Impfschutzes gegen Influenzaerkrankungen zwischen 40% und 60% liegen
.Bei einer guten Übereinstimmung zwischen Impfstoff und zirkulierenden Viren - wie im Fall des „quadrivalenten Wirkstoffs“ in der gegenwärtigen Grippesaison (?!) - könnte eine Grippeimpfung eine Schutzwirkung von 80% erreichen, sagen Experten.

Nun gibt es die begründete Hoffnung, dass sich in naher Zukunft der jährliche  Influenza- Impfstoff  zu einem universellen Influenza-Impfstoff entwickelt
Forscher der University of Pennsylvania berichteten in der Fachzeitschrift Nature Communications über einen neuen Impfstoff, der bei Mäusen eine starke Antikörper-Reaktion gegenüber unterschiedlichen Stämmen von Grippeviren auslöste. Weiterentwickelt könnte daraus eine Universal-Impfung entstehen. Diese würde anders als die jährliche Grippeimpfung lediglich wenige Male im Leben verabreicht werden müssen - ähnlich wie eine Tetanus-Impfung.
palindromische Sequenz / Wikipedia

Dank der GENSCHERE, die die Gentechnik revolutioniert hat, kommt es noch besser!
Die GENSCHERE geht auf Erkenntnisse aus dem bakteriellen Immunsystem zurück, das sogenannte CRISPR/Cas9-System, das vor Viren schützt.
Bereits in den 1980-Jahren stellten Wissenschaftler einen seltsamen Aufbau von DNA-Sequenzen im bakteriellen Erbgut fest. Sie nannten diese Sequenzen CRISPR-Sequenzen (Clustered Regularly Interspaced Schort Palindromic Repeats / kurze palindromische Wiederholungssequenzen, wobei als Palindrome Abschnitte im Doppelstrang der DNA bezeichnet werden, wenn die beiden DNA - Stränge gegenläufig dieselbe Sequenz aufweisen.
Die CRISPR-Sequenzen sind durch andere Erbgutstücke getrennt und treten im Genom an bestimmten Stellen gehäuft auf.

Weitere Forschungen führten zu dem Schluss, dass sich die CRISPR-Sequenzen die zurückliegende Vireninfektionen merken könnten. Bei erneutem Befall würden die Sequenzen aktiviert und in RNA-Moleküle umgeschrieben, die dann das Erbgut der eingedrungen Viren (RNA) aufspüren können.
Doch RNA-Moleküle allein reichen nicht aus, um den Schutz vor Viren aufzubauen. Sie benötigen ein Enzym namens Cas9, das entscheidende Element des antiviralen Systems.
Mit Hilfe der RNA kann Cas9 das Erbgut der Viren  aufspüren UND zerstückeln, so dass es keinen Schaden mehr anrichten kann.
Anfang 2013 erschienen Studien zeigten nun eindeutig, dass das bakterielle CRISPR/Cas9-System auch in menschlichen Zellen funktioniert.

Das CRISPR/Cas9 - System, die Genschere,  stellt nicht nur ein mögliches antivirales System dar. Es erlaubt die Entwicklung  von neuen Formen der Gentherapie, die nicht nur als Notbehelf dienen, sondern auch „Reparaturen“ durchführen können.
Das CRISPR/Cas9 -System bildet zudem die Grundlage  zur Erzeugung gentechnisch veränderter Organismen. Denn die CRISPR-Sequenzen zusammen mit dem Enzym Cas9 erlauben die Manipulation des Erbguts, auch des menschlichen Erbguts. Das Designer-Baby ist vor dem Hintergrund dieser Technologie keine Utopie mehr.



Es bleibt zu hoffen, dass wir Menschen wissen, was wir tun!