Die Milch ist mittlerweile ein wahres Objekt der Begierde für weltweite Forschungen von Ernährungswissenschaftlern, Medizinern, Agrarwissenschaftlern, die ihr die Geheimnisse entlocken wollen. Und je mehr Geheimisse enthüllt werden, desto mehr verblasst das Image der Milch als gesundes Grundnahrungsmittel.
Ist sie tatsächlich so gesund, und wenn überhaupt, hängt das womöglich von der verzehrten Menge und ihrer aktuell verfügbaren Qualität ab?
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Die Vielfalt von angebotenen Milchsorten und Milchprodukten ist so groß, dass sie kaum noch überschaubar geworden ist. Es gibt nichts, was es nicht gibt.
So bei den Milchsorten: Frischmilch (pasteurisiert, d.h. ca. 15-30 Sekunden auf 72-75⁰ C erhitzt), ESL-Milch (ein paar Sekunden auf 85-127⁰ C erhitzt), H-Milch (Ultraerhitzung für ein paar Sekunden auf 135-150⁰ C), die fettarmen Versionen dieser 3 Milchvarianten (mit Fettgehalten zwischen 1,5 und 1,8%), homogenisierte Milch (Fettpartikeln werden unter Druck zu kleineren Teilen zerstäubt und bilden somit ein homogenes Gemisch mit allen Milch -Bestandteilen) wie auch die durch Fütterung bedingten Varianten Biomilch, Heumilch.
Und dann die Milchprodukte: Joghurt, Buttermilch, Kefir, Quark, oder Käse, der es in mehr als 3.000 Sorten gibt - von Schnittkäse (Gouda, Edamer, Maasdammer, Butterkäse), über Hartkäse (Parmesan… ) und Weichkäse (Camembert, Brie) bis Frischkäse (Mascarpone, Hütten - und körniger Frischkäse), Schmelzkäse (mit Schmelzsamen und Sahne) u.a m.
Laut Ernährungswissenschaftlern seien Milch und Milchprodukte verdauliche Produkte und somit schnelle Energielieferanten.
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Abgesehen davon enthalten Milch und Milchprodukte wertvolle Vitamine wie Vitamin A, Vitamin D sowie B-Vitamine und liefern bedeutende Mengen an Mineralstoffen wie Magnesium, Phosphor, Calcium und Spurenelementen wie Jod.
Calcium - mengenmäßig der wichtigste Mineralstoff im Körper, unverzichtbar für die Stabilisierung der Knochensubstanz! Und Milch und Milchprodukte (mit Ausnahme von Quark) sind calciumreich. Darüber hinaus könne der Körper Calcium aus Milch und Milchprodukten besser verwerten als aus pflanzlichen Lebensmitteln, so die Wissenschaftler.
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Mediziner gehen bekanntlich davon aus, dass Lebensmittel mit hohem Gehalt an gesättigten Fettsäuren den LDL- Cholesterinspiegel steigen lassen würden, was wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhe.
Eine Auswertung von über 200 internationalen Studien zum Gesundheitswert der Kuhmilch durch das Max Rubner-Institut in Karlsruhe führte jedoch zu dem Schluss, dass die bisherige Forschungslage diesbezüglich keine eindeutige Erklärung anbiete.
Mit bis zu 400 verschiedenen Fettsäuren, die von ihrer Struktur her besonders seien, sei die Kuhmilch kaum vergleichbar mit irgendeinem anderen Lebensmittel. Möglicherweise liegt das Geheimnis die gesundheitsfördernde Wirkung der Kuhmilch eben darin, dass die Wirkung von Milchfett nicht mit ähnlichen Fetten in anderen Lebensmitteln gleichzusetzen sei.
Zwei wissenschaftliche Befunde sollen z.Z. dafür sprechen, dass einerseits sich die gesundheitsfördernde Wirkung von Milch vermindere, wenn die Fettkügelchen zerstäubt werden (wie in der homogenisierten Milch). Andererseits gebe es Hinweise, dass Vollmilch gesünder als fettarme Milch sei.
Wie gesagt, es sind nur zwei Befunde, aber die Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts sind der Ansicht, künftige Forschungsergebnisse könnten in diese Richtung weisen.
Viele Milchgegner wollen weitere negative Effekte zwischen dem Verzehr von Milch /Milchprodukten und Krankheiten festgestellt haben, die über Herz-Kreislauf-Erkrankungen hinausgehen. Argumentiert wird (u.a.) damit, dass ihr Genuss zu Unverträglichkeit führe, dass Kuhmilch nicht der Knochenstabilität nutze, dass Milch das Krebs- und Sterberisiko erhöhe, dass ältere Kinder und Erwachsene grundsätzlich Milch nicht verdauen könnten.
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So ließe sich sagen, dass ein erhöhter Verzehr von Milch und Milchprodukten mit einem niedrigeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfall, sowie kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden sei.
Zudem bewirke der erhöhte Verzehr von Milchprodukten einen verringerten Risiko für Diabetes mellitus Typ 2, eine Senkung des Blutdrucks - wobei die fettreduzierten Milchprodukte hier besonders effektiv seien - und führe zu einer erhöhten Knochenmasse und –dichte.
Bei heutigem Stand der Forschung ließe sich noch kein Zusammenhang zwischen Adipositas und dem Milchverzehr feststellen.
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Der Absenkung des Dickdarmkrebsrisikos durch vermehrten Milchkonsum stehe jedoch eine Erhöhung des Prostatakrebsrisikos entgegen. Für Frauen und Männer bedeute dies laut Karlsruhe, dass der regelmäßige Verzehr von Milch und Milchprodukten ein Beitrag zur Prävention von Dickdarmkrebs sein kann.
Für Männer ist die Verzehrhöhe zu beachten, da mit zunehmendem Verzehr das Prostatakrebsrisiko ansteige. Männer, die über längere Zeit viel Milch trinken - täglich mehr als 1,235 l - haben wahrscheinlich ein erhöhtes Risiko an Prostatakrebs zu erkranken.
Diese Schlussfolgerungen hinsichtlich Krebserkrankungen stimmt auch mit den Ergebnissen mehrerer Meta-Analysen der Forscher vom Fred Hutchinson Research Center in Seattle, USA, überein.
Demnach gebe es laut amerikanischen Forschern unter Milchtrinkern ein leicht verringertes Risiko, an Dickdarmkrebs oder Blasenkrebs zu erkranken. Der größte Rückgang sei bei 2 bis 3 Gläser Milch pro Tag zu beobachten. Nicht so bei Prostatakrebs, wo ein täglicher Milchkonsum von mehr als einem Liter das Risiko zu erhöhen scheint.
Ältere Kinder und Erwachsene könnten grundsätzlich Milch nicht verdauen, so Milchgegner. Sollten diese Bevölkerungsgruppen auf Milch verzichten?
Unter Wissenschaftlern gibt es mittlerweile die grundsätzliche Vorstellung, dass eine differenzierte Betrachtung des Milchverzehrs in verschiedenen Lebensphasen angebracht sei.
Es ist bekannt, dass in Ländern mit hohem Milchkonsum - Holland, Finnland - die Menschen groß sind. Dies erklärt warum, Milch und Milchprodukte, heute die umstrittensten Nahrungsmittel, in manchen Ländern wie z.B. China , immer beliebter werden.
Nun haben Wissenschaftler der Universität Kopenhagen im Rahmen ihrer Forschung zum Thema Milchverzehr / Körpergröße erläutert, dass bestimmte Kuhmilchproteine wie das CASEIN eine stimulierende Wirkung auf einen bestimmten Wachstumsfaktor zu haben scheinen. Sie wiesen aber darauf hin, dass Milchproteine auch die körpereigene Insulinproduktion erhöhen würden.
Folglich könne ein hoher Konsum von Kuhmilchproteinen in der frühen Kindheit zwar das Wachstum in dieser Lebensphase beschleunigen, gehe aber auch mit einem höheren Risiko für Übergewicht in der späteren Kindheit einher. Empfehlung der Wissenschaftler: ab dem 3. Lebensjahr nicht mehr als 300 -500 ml Milch täglich zu sich zu nehmen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt gesunden Erwachsenen, täglich etwa 200 bis 250 g Milch oder Milchprodukte und 50 bis 60 g fettarmen Käse zu essen. Für Kinder und Erwachsene würden sich fettarme Varianten eignen, da mit der übrigen Nahrung genug Fett aufgenommen wird.
Trotz anscheinend vieler positiver Effekte beim Verzehr von Milch und Milchprodukten ist nach wie vor bei einem bestimmten Personenkreis Vorsicht geboten. Es sind die Erwachsenen, deren Organismus zu wenig des Enzyms Laktase bilden. Demzufolge kann die Laktose /der Milchzucker nicht ausreichend verwertet werden. Die Folgen sind bekanntlich Unverträglichkeitserscheinungen oder im schlimmsten Fall Allergien. In Deutschland geht man davon aus, dass etwa 15% der Erwachsenen Probleme mit dem Milchzucker haben.
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Da sind wir wieder bei den Fettsäuren in der Milch.
Die Zufuhr dieser Fettsäuren ist für den Organismus sehr wichtig, da er sie nicht selbst produzieren kann. Dabei geht es um den Gehalt an Omega-3-Fetssäuren und konjugierten Linolsäure.
Forscher sollen herausgefunden haben, dass Biomilch grundsätzlich einen höheren Anteil an ungesättigten Fettsäuren aufweist als Milch aus konventionellen Betrieben.
Besonders der Anteil an Omega-3-Fetssäuren soll sich in der Biomilch fast verdoppelt haben.
Dieser Unterschied ist bekanntlich auf die Art der Fütterung zurückzuführen. Die Bio-Kühe fressen mehr Gras (Quelle für Omega-3-Fetssäuren) als Kraftfutter. Wenn dem so ist, scheint unerheblich, ob es sich um eine bio oder konventionelle Bewirtschaftungsform handelt. Hauptsache: Gras, Getreide, Heu verfüttern und keine Silage, oder?
Laut Physiologen mache Kraftfutter und Maissilage die Tiere in konventionellen Betrieben nicht nur krank, weil dieses Futter ungeeignet für ihren Organismus sei. Diese Art der Fütterung führe auch dazu, dass Tiere mehr Milch geben als sie verkraften. Die Folge: Sie seien oft krank, ihre Lebensdauer werde stark reduziert.
Der Agrarwissenschaftler Prof. Onno Poppinga hat in einem Forschungsprojekt die Wirtschaftlichkeit von Höfen, die wenig oder gar kein Kraftfutter einsetzen, im Vergleich zu konventionellen Betrieben untersucht. Ergebnis: Weniger Kraftfutter bedeute zwar weniger Milchleistung pro Jahr, aber trotzdem mehr Gewinn für den Landwirt. Denn es gibt weniger Kraftfutter- Aufwand und niedrigere Tierarztkosten, weil die Tiere nicht mehr so oft krank seien und deutlich länger leben würden. Und ein längeres Leben = geringere Aufzuchtkosten…. und wir hätten die Milch mit dem erhöhten Anteil an Omega-3- Fettsäuren!
Die Milch ist ein komplexes Nahrungsmittel. Ihre Komplexität verbirgt noch viele Geheimnisse, so dass bei der heutigen Forschungslage eine eindeutige, allumfassende Aussage noch immer schwierig ist. Zwischen den widersprüchlichen Argumenten muss jeder für sich das Beste herauspicken.
Milch-Befürworter und Milch-Gegner bekriegen sich und werden sich noch eine gewisse Zeit bekriegen.