Alles ist nichts im Vergleich zu den gespeicherten Metadaten in der Datenbank eines diagnostischen
Gesundheitskarte Quelle:Flickr |
Da werden die intimsten Informationen preisgegeben, über bestehende Krankheiten (wie beispielsweise Übergewicht, Rückenschmerzen, rheumatische Erkrankungen, Essstörungen, Allergien, Neurodermitis, Asthma, Heuschnupfen, Krebs- und Autoimmunerkrankungen, Hörsturz und Tinnitus, Kopfschmerzen und Migräne, Burnout, Depressionen oder Alzheimer-Demenz) , ob man raucht, ob man gelegentlich ein Glas Wein trinkt oder mehrere und oft, ob man Viagra nimmt, weil…
Nicht daran zu denken, welche Daten noch hinzukommen, wenn bald die Untersuchung des kompletten Erbguts eines jeden Patienten Einzug in den klinischen Alltag halten wird.
Manche Genanalysen gehören bereits heute zur Routine. So z. B. die Bestimmung des genetischen Fingerabdruckes für kriminalistische Zwecke, der Vaterschaftstest zur Klärung von Abstammungsfragen.
Mit der Ganzgenomsequenzierung wird die Möglichkeit geschaffen, nicht nur genetische Grundlagen einer bestehenden Krankheit aufzuklären, sondern auch eine etwaige genetische Veranlagung für eine bestimmte Krankheit zu ermitteln. „Neigt“ man mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, an Leukämie oder Darm,- Brust.- Prostatakrebs zu erkranken oder doch eher dazu einen Schlaganfall zu erleiden?
Aus den gewonnenen Erkenntnissen ergibt sich damit zwar die Chance, den Patienten individuell mit jenen Medikamenten zu behandeln, die ihm am besten helfen. Die maßgeschneiderte Medizin rückt in greifbarer Nähe.
Wird jedoch die Totalgenom-Untersuchung zur Routine, ist man aufgrund der abgegebenen Blut-
Gläserne Frau Deutsches Hygiene Museum München |
Nur nicht an die Konsequenzen denken, wenn diese Hyper-Metadaten in den i-Sog geraten.
Auf der Suche nach einem Überbleibsel seiner Unantastbarkeit in der wunderbaren Welt 2.0 sollte sich der gläserne Mensch /gläserne Patient auf die Zeitgeber seines Körpers besinnen - auf die innere Uhr. Sie ist in der Lage äußere Taktgeber in den inneren Takt des Menschen mit einzuarbeiten.
Das läuft über den suprachiasmatische Nucleus (SCN = liegt auf der Höhe des Nasenrückens (SUPRA) über die Kreuzung der Sehbahnen (CHIASMA)). Dort werden die Lichtinformationen verarbeitet und mit dem Zellstoffwechsel synchronisiert. Und bestimmte Hormone tragen auch ihren Beitrag bei.
Der innere Takt der meisten biologischen und psychischen Vorgänge im unseren Körper verlaufen nach natürlichen Rhythmen. Sie haben einen Zyklus von ca. 25 Stunden und werden als zirkadiane Rhythmen bezeichnet, (von lateinischen: circa = etwa, ungefähr, dies = Tag). Die Körpertemperatur, Pulsfrequenz, der Blutdruck, die Leber, Lunge, Niere, oder die Ausschüttung bestimmter Hormone, (Glukokortikoide in der Nebennierenrinde) zeigen einen deutlichen Tagesrhythmus, hervorgerufen durch die inneren Uhren.
Auf diese zirkadianen Rhythmen, hat weder der Betroffene selbst noch ein unbefugter Dritter so gut wie keinen Einfluss. Sie sind genetisch vorgeschrieben. Bei gesunden Menschen befinden sie sich im Einklang und harmonieren in ihrem Zusammenspiel. So verteilt der Körper mithilfe der zirkadianen Rhythmen unterschiedliche Aufgaben auf unterschiedliche Zeiten:
• Morgens z. B. stellt er sich auf die Anforderungen des Tages ein: Blutdruck und Puls steigen, die Atmung beschleunigt sich;
• Zwischen 10 und 12 Uhr erreicht die Gehirnaktivität einen Leistungsgipfel. Nach einem Leistungstief folgt dann zwischen 14 und 18 Uhr wieder ein Leistungsmaximum, wobei besonders Muskeln auf Touren kommen. Diese Zeit ist gut für körperliche Tätigkeiten;
• Die Leberdurchblutung ist zu Tageszeit dagegen sehr gering. Die Leberzellen werden erst nachts maximal aktiviert. Da läuft die Entgiftung des Körpers auf Hochtouren;
• Wechselt man die Zeitzonen, passt sich die innere Uhr den örtlichen Tag-Nacht-Wechsel an. Pro Stunde braucht sie etwa einen Tag bis sie wieder synchron mit den örtlichen Gegebenheiten läuft. Schneller gelingt die Anpassung an die Umstellung Winter- Sommerzeit.
Aber nicht nur die normalen Körperfunktionen laufen nach einem bestimmten Zeitplan ab, sondern auch Krankheitssymptome unterliegen gewissen Regelmäßigkeiten:
• Die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden, ist besonders hoch in den Stunden zwischen 8 Uhr morgens und 12 Uhr mittags. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass auch der Blutdruck in den Morgenstunden oftmals seine höchsten Werte erreicht.
• Asthmaanfälle werden häufiger um 4 Uhr morgens beobachtet als zu anderen Tageszeiten. Unsere innere Uhr steuert auch die Weite der Bronchien. Folge: die Bronchien sind nachts enger als am Tage. Bei einem überempfindlichen Bronchialsystem kann diese Verengung derart zunehmen, dass sich daraus ein Asthmaanfall mit akuter Atemnot entwickelt;
• Die rheumatoide Arthritis zeigt über den Tag verschiedene Beschwerdegrade. In den Morgenstunden sind die Symptome wie Gelenksteifigkeit und geschwollene Gelenke ausgeprägter als tagsüber, (Bildung von Entzündungsbotenstoffen vor Ausschüttung des entzündungshemmenden Hormons Kortisol).
• Gegen 14 Uhr ist das Schmerzempfinden nur schwach ausgeprägt, (Endorphine hoch), abends oder nachts dagegen stärker, (Endorphine niedrig).
Auch viele Arzneistoffe wirken je nach Tageszeit unterschiedlich. Dies beruht auf den jeweiligen körperlichen Vorgängen, die zu einer bestimmten Zeit ablaufen.
Einige Beispiele
Schmerzmittel und örtliche Betäubungsmittel wirken länger, wenn sie am frühen Nachmittag verabreicht werden, als am frühen Morgen oder abends. Da die Leberdurchblutung zu dieser Zeit gedrosselt ist, erfolgt der Abbau der schmerzstillenden Substanzen nur langsam und die Wirkung hält dementsprechend länger an. Wer zum Zahnarzt muss, sollte dies berücksichtigen und sich einen Termin gegen 15 Uhr geben lassen.
Aspirin (Acetylsalicylsäure) besitzt am Abend erwiesener Maßen eine weniger magenschleimhautschädigende Wirkung, weshalb die abendliche Einnahme vorzuziehen ist.
Da Asthmaanfälle häufiger morgens beobachtet werden, werden Medikamente gegen Asthma auch bevorzugt abends eingenommen, um das Risiko eines Anfalls möglichst gering zu halten.
Das sympathische Nervensystem versetzt den Körper in hohe Leistungsbereitschaft. Er steigert u. a. Herztätigkeit und Blutdruck.
Einige Bluthochdruckmedikamente, z.B. Betablocker, hemmen die während des Tages gesteigerte Sympathikusaktivität. Die Wirkung der Betablocker kann sich deshalb tagsüber vollständig entfalten. Nachts hingegen überwiegt der Parasympathikus - der „Ruhenerv“, der der Regeneration und dem Aufbau körpereigener Reserven dient. Deshalb fallen zu dieser Zeit der Blutdruck und der Puls ab. Ein Betablocker würde jetzt nicht von Nutzen sein.
Wie wichtig das richtige Abstimmen der Einnahmezeiten auf den menschlichen Organismus ist, zeigt sich am Beispiel der Kortisontherapie.
Im Laufe eines Tages kommt es zu deutlichen Schwankungen in der körpereigenen Kortisonproduktion. Maximale Werte werden morgens zwischen 6 Uhr und 9 Uhr erreicht. Gegen Mitternacht produziert der menschliche Körper am wenigsten Kortison. Werden Kortisone aus therapeutischen Gründen zugeführt, z.B. bei Entzündungen oder als Immunsuppressivum nach Organtransplantationen, so geschieht dies in der Regel morgens, zeitgleich mit der körpereigenen Kortisonproduktion. Da zu diesem Zeitpunkt der Kortisonspiegel seinen Höchstwert aufweist, wird das zugeführte Kortison weniger vom Körper wahrgenommen, als dies zu späteren Tageszeiten der Fall wäre. Auf diese Weise lassen sich die Nebenwirkungen verringern.
Fazit: Gläserner Mensch / gläserner Patient – CARPE DIEM, nutze den Tag!
Der gläserne Mensch / der gläserne Patient sollte nach Möglichkeit dem Ticken seiner inneren Uhr folgen und nach ihr leben. Denn sie schafft ein Ausgleich zwischen Aktivität und Regeneration, erlaubt einem die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen.
Und sie ist unser unantastbares Überbleibsel in der dem Ausspährausch verfallenen Welt 2.0.