Mittwoch, 25. November 2020

Lichtblicke im virologischen Corona-Tunnel

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat die ganze Welt in seinem Griff, aber auch Wissenschaftler und Pharmaunternehmen in der ganzen Welt arbeiten an der Entwicklung eines Impfstoffes gegen SARS-CoV-2. Die gute Nachricht: Aufgrund gewonnener Vorerkenntnisse im Kampf gegen verwandte Viren und vor allem dank der Gentechnologie, kann die Zeit bis zur Zulassung eines neuen Impfstoffes gegen das neuartige Coronavirus erheblich verkürzt werden - von Jahrzehnten früher auf Monate heute. 

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 Ein klassischer Weg zur Herstellung eines Impfstoffes ist der Impfstoff aus inaktivierten Viren – wie er sich schon lange z. B. bei dem Tetanusimpfstoff bewährt hat. Erfahrungsgemäß ist es davon auszugehen, dass die Entwicklung eines Impfstoffs aus inaktivierten SARS-CoV-2 -Viren problemlos vonstattengehen kann. Der Nachteil dieser Vakzine: Ihre Herstellung in großen Mengen soll Experten zufolge verhältnismäßig aufwendig sein.

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 Denkbar ist es auch, einen proteinbasierter Impfstoff zu verwenden.
Dabei wird ein Abschnitt des Spike-Proteins des Coronavirus - des Proteins, mit dem das neuartige Coronavirus an menschliche Wirtszellen andockt - in Zellen eines anderen Virus biotechnologisch hergestellt / rekombinant hergestellt.
Eine entscheidende Rolle für die Wirksamkeit eines Proteinbruchstück - Vakzins hat der Zusatz eines Wirkverstärkers / eines Adjuvanz. Denn nur mit einem geeigneten Adjuvanz kann eine ausreichende Impfreaktion erhalten werden.

Der Gentechnologie sei Dank, dass es möglicherweise Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres neuartige Impfstoffe gegen das neuartige SARS-CoV-2 -Virus  geben könnte!
Wie der sogenannte mRNA-Impfstoff / der messenger-RNA-Impfstoff/ der Boten-RNA-Impfstoff.
Dieser Impfstoff verwendet als „Boten“ einen bestimmten Abschnitt des SARS-CoV-2 -Virusgenoms in Form von RNA -Molekülen, der die genetische Bauanleitung des Spike-Proteins hat.
Gelangt der mRNA-Impfstoff in Körperzellen, werden diese dann angeregt, selbst das an und für sich ungefährliche Spike-Protein nach dem Bauplan des Virus herzustellen. Diese neugebildeten Virusproteine (Antigene) aktivieren nun das Immunsystem und lösen damit eine gezielte Immunantwort aus.

Ein sogenannter Vektor-Impfstoff verbindet Altbewährtes mit neuen Entwicklungen. Dieser Impfstoff hat sich gegen Ebola bewährt und er ist auch im Kampf gegen das neuartige Coronavirus denkbar.
Bei dieser Art von Vakzinen kann ein genetisch modifizierter Erreger gezielt mit genetischen Informationen des SARS-CoV-2-Virus in Körperzellen eingebracht werden. Dabei fungiert der genetisch modifizierte Erreger als VEKTOR/ Transportmittel für die genetische Information des SARS-CoV-2-Genoms, die in der Zielzelle eine bestimmte Aufgabe erfüllen soll: das Antigen des Krankheitserregers SARS-CoV-2 dem Immunsystem zu präsentieren, um damit eine gute Immunantwort auszulösen.

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 Vakzine mit inaktivierten SARS-CoV-2 -Viren werden u.a. in China eingesetzt.
Fast 1 Million Chinesen sollen bereits nach Angaben des Pharmaunternehmens Sinopharm eine derartige Impfung  gegen das neuartige Coronavirus erhalten haben. Nach chinesischen Medien lägen bisher keine Erkenntnisse über schwere Nebenwirkungen des experimentellen Wirkstoffs vor. In einigen Fällen seien es lediglich „milde Symptome“ aufgetreten.
Der Impfstoffentwickler China National Biotec Group (CNBG) habe im November Medienberichten zufolge einen Antrag auf Zulassung seines Impfstoff - Kandidaten eingereicht. Ob es sich um einen Impfstoff mit inaktivierten SAES-CoV-2-Viren handelt oder Daten zur Wirksamkeit wurden jedoch nicht veröffentlicht.

An der Entwicklung eines Proteinbasierten – Vakzins gegen SARS-CoV-2 arbeiten 2 der größten Impfstoffhersteller der Welt: Der französische Pharmakonzern Sanofi und das britische Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline.
Der Impfstoff basiert auf der Technologie eines Sanofi Grippeimpfstoffs. Um eine ausreichende Impfreaktion zu erhalten, wird ein Adjuvanz von GSK hinzugefügt. Laut Studiendaten werden zwei unterschiedliche Adjuvanzien getestet.
Die Phase III der Studien soll im Dezember starten und die Zulassung in der ersten Jahreshälfte 2021 beantragt werden, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Die Zulassung eines Wirkstoffs oder Impfstoffs wird für Europa bei der Europäische Arzneimittelagentur /European Medicines Agency (EMA) vom Hersteller beantragt. Dabei müssen normalerweise alle Studien abgeschlossen und ausgewertet sein.
Um das Verfahren während eines gesundheitlichen Notstands zu beschleunigen, gibt es die Möglichkeit der Einleitung eines „rolling Review“-Verfahrens, eines beschleunigten Verfahrens.
Bei diesem Verfahren beginnt die EMA vor Abschluss der Studie mit der Beurteilung  verfügbarer Daten, um das Verfahren so weit wie möglich zu beschleunigen.

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Das erste rolling Verfahren „rollte“ die EMA für das  Vakzin AZD1222, einen Vektor-Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzern AstraZeneca in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford. Als Vektor enthält das Vakzin ein Adenovirus, das genetisch so verändert wurde, dass es im Körper nach der Impfung das Spike-Protein produziert. Dadurch werde sowohl die Produktion von Antigenen gegen das Coronavirus als auch die Produktion bestimmter Zellen des Immunsystems angeregt, die für einen längerfristigen Schutz sorgen.
Nach vorläufigen Studien  liegt die Effektivität dieses Vakzins bei durchschnittlich 70%.
Verabreiche man aber zunächst nur eine halbe Dosis und erst einen Monat später eine volle Dosis, dann erreiche der Impfstoff eine Effektivität von 90 Prozent, sagt das Forschungsteam. Wurden mit gleichem Abstand zwei volle Impf-Dosen verabreicht, lag die Effektivität demnach bei 62 Prozent. Der Mittelwert dieser Ergebnisse ergibt die angegebene durchschnittliche Effektivität von 70 Prozent. Eine Erklärung für die unterschiedliche Wirksamkeit im Zusammenhang mit der Dosierung steht noch aus.

Unter den derzeit potenziellen Impfstoffen gegen das neuartige Coronavirus befinden sich auch zwei mRNA-Impfstoffkandidaten in der Notfallzulassung für den europäischen Markt:
der Impfstoff BNT162b2 der Mainzer Firma BioNTech in Zusammenarbeit mit dem US-Konzern Pfizer
und
der Impfstoff mRNA -1273 des  US-Konzerns Moderna.

Beide mRNA-Impfstoffe regen den Köper zur Bildung von Antigenen gegen SARS-CoV-2 an.
BioNTech/Pfizer spricht von einer Effektivität von 95 Prozent seines Vakzins, Moderna von 94,5 Prozent.
Es gibt aber auch Unterschiede zwischen diesen beiden Impfstoffkandidaten.
Laut Infektiologen gibt es ein möglicher Hinweis darauf, dass der Biontech/Pfizer -Impfstoff vor der Infektion selbst schützen könnte, der Moderna-Impfstoff vor schweren Verläufen.
Entsprechend unterschiedlich ist die Handhabung beider Impfstoffe.  
Modernas mRNA-1273 sei bei 2 bis 8 Grad Celsius, also in einem handelsüblichen Kühlschrank, für ca. 30 Tage stabil.
BNT162b2 von BioNTech/Pfizer  erfordere eine Lagerung bei minus 70 Grad Celsius, was logistisch eine Herausforderung darstelle. Allerdings soll Pfizer darauf hingewiesen, man habe mittlerweile Daten, die nahelegten, dass der Impfstoff auch bei normaler Kühlschrank-Temperatur bis zu 5 Tage stabil bleibe. 

Die EU-Kommission hat mehrere Rahmenverträge mit den potenziellen Impfstoffkandidaten ausgehandelt.
So sieht der Vertrag mit BioNTech/Pfizer die Lieferung von 200 Millionen Dosen vor, mit der Option auf 100 Millionen weitere.
Nach eigenen Angaben soll die EU-Kommission heute (25.11.2020) auch mit dem US-Konzern Moderna den Vertrag über die Lieferung von bis zu 160 Millionen Impfdosen besiegeln.
Die EU hat bereits auch Verträge über den Ankauf von 300 Millionen Dosen des Impfstoffs von AstraZeneca. Außerdem haben die Pharmakonzerne Sanofi/GSK der EU vertraglich zugesichert, bis zu 300 Millionen Dosen ihres in der Entwicklung befindlichen Impfstoffs zu liefern.

“Es wird höchste Zeit, dass wir diese Pandemie weggeimpft bekommen, damit wir uns auch anderen Dingen wieder widmen können“, sagte vor Kurzem  der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann.

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 BNT162b2, mRNA -1273, AZD1222, Sanofi/GSK – sind einige Lichtblicke im virologischen Corona-Tunnel. Man rechnet in Europa mit ersten Notfallzulassungen Ende Dezember!
Damit jedoch aus Lichtblicken im virologischen Corona-Tunnel Lichtblicke am Ende des Tunnels mit Aussicht auf Rückkehr zur Normalität werden, sei absolut essenziell, eine hohe Impfquote gegen das Coronavirus zu erreichen – sagt der Mitgründer von BioNTech, Ugur Sahin.

Wer dann wie zuerst geimpft wird, dafür hat die ständige Impfkommission Vorschläge gemacht: erst die Risikopatienten, dann Ärzte und Pfleger, dann systemrelevante Berufe wie zum Beispiel Polizisten oder Lehrer. Wie eine Umfrage von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend ergeben hat, finden das 93 Prozent der Deutschen richtig 

Was aber die Impfbereitschaft der Deutschen angeht, da haben wir ein Problem: Aktuell geben 37 Prozent an, sich auf jeden Fall impfen zu lassen, wenn ein Impfstoff vorliegt – im August waren es noch 44 Prozent. 34 Prozent halten es aktuell für wahrscheinlich, dass sie sich impfen lassen. 29 Prozent hingegen sagen, dass sie sich "wahrscheinlich nicht" oder "auf gar keinen Fall" impfen lassen wollen.

Woran liegt es? An einer gewissen Unsicherheit?
Einerseits, hört und liest man, es gebe laut Forschern Hinweise, wonach ein Impfstoff gegen die Infektion selbst und/oder gegen Symptome wirksam sein kann, dass Hersteller „erneut“ vielversprechende Daten vorgelegt hätten, dass von einer Schutzwirkung von mehreren Monaten bis 2 Jahren durch den Impfstoff auszugehen sei, jedoch wisse man noch nicht, ob die Impfung davor schütze den Erreger weiterzugeben … usw … usw.
Andererseits: In Deutschland wird es keine Impfpflicht geben. Die Impfung bleibt absolut freiwillig. Die Geimpften werden zudem nicht ihren Schicksal überlassen. Denn auch nach einer Zulassung werden Wirksamkeit und Sicherheit  der entsprechenden Mittel weiter beobachtet.
Und: "Diese Impfstoffe sind alle überraschend gut effizient. Alles ist irgendwie besser, als man gedacht hätte“ – sagt der Berliner Virologe Christian Drosten
So gesehen, bleibt es nur noch einen weiteren Politiker zu zitieren, den Gesundheitsminister, Jens Spahn: Wenn ein Impfstoff zugelassen wird,
 „dann können wir mit der Impfung loslegen“.

Quelle:Wikipedia