Montag, 8. Februar 2016

Das A und O des Übergewichts: das E und I und der G-Schalter

Jahresanfang - die Zeit der Weichenstellung zur „Formung“ eines optimalen Erscheinungsbilds des Körpers für die sich nähernde Sommerzeit, Badeanzug-Zeit, (nicht nur Bikini-Zeit, wo doch auch die Herren der Schöpfung aufgefordert sind, sich mit anderen zu vergleichen und ständig zu verbessern).
Was bedeutet „ein optimales Erscheinungsbild“? In Zahlen, den entsprechenden BMI. Die von der WHO diesbezüglich ausgearbeitete Gewichtsklassifikation kann als Orientierungshilfe dienen:


          Erwachsene: WHO- Gewichtsklassifikation nach BMI             
Kategorie
BMI kg/m2
Untergewicht
< 16,0
mäßiges Untergewicht
16.0-17,0
leichtes Untergewicht
17,0-18,5
Normalgewicht
18,5-25,0
Präadipositas
25,0-30,0
Adipositas Grad I (mäßig)
30,0-35,0
Adipositas Grad II (erhöht)
35,0-40,0
Adipositas Grad III (extrem)
> 40


Eine weitere Hilfsgröße für die Gewichtsklassifizierung ist der Taille-Hüften-Quotient (THQ). Normalwerte: Frauen ≤ 0,85, Männer ≤ 1,0- Gemäß WHO liegt ein leicht bzw. Stark erhöhtes Risiko für Adipositas vor, wenn allein der Taillenumfang bei Männern über 94 bzw. 102 cm und bei Frauen über 80 bzw. 88 cm liegt.

Alter und Geschlecht spielen bei der Interpretation des BMI eine wichtige Rolle. Männer haben in der Regel einen höheren Anteil von Muskelmasse bezogen auf die Gesamtkörpermasse als Frauen. Deshalb sind die Unter- und Obergrenzen der BMI-Werteklassen bei Männern etwas höher als bei Frauen. So liegt das Normalgewicht bei Männern laut DGE im Intervall von 20 bis 25 kg/m², während es sich bei Frauen im Intervall von 19 bis 24 kg/m² befindet.


Quelle:123rf
Nie war es so einfach fit zu werden: „ 6 Pfund in 4 Wochen“, „In  5 Wochen schlank und fit“, „2 Wochen Turbo-Diät“, „fasten-Diät“, „Für noch schnellere Abnehmerfolge“, „Ich mach dich fit, ich mach dich sexy“, „Ich mach dich krass in 30 Minuten“, „ Ich habe 41 kg (39 kg, 25 Kg, 10 kg) abgenommen, du schafft es auch“.

Personen mit Normalgewicht, die dauerhaft gesund und schlank bleiben wollen, haben es leichter in dem Wust an Konzepten zurechtzufinden. Zumal (bei Frauen) das schöne, attraktive Erscheinungsbild nicht mehr an einem BMI < 18 oder überperfekten Maßen  95-45-86 gebunden ist. Das Schönheitsideal hat sich im Laufe der Zeit geändert. So tun ein paar wohlgestylte Rundungen der Attraktivität (einer Frau) keinen Abbruch.
Es ist kein Zufall, dass im anno Domini 2016 eine Barbie-Puppe auf den Markt kommt, die sich von ihrem fast 60 Jahre währenden  Schönheitsideal verabschiedet.
Barbie 2016  hat neben 7 Hautfarben, 22 verschiedenen Augenfarben, 25 unterschiedlichen Frisuren, Haarfarben und- Styles auch 4 Körperformen: groß, zierlich, schmalhüftig und… „kurvig“. Die Presse in USA lobte die neuen Puppen, die heutige Frauen widerspiegeln und deutlich machen würden, dass „Schönheit in vielen Größe und Formen zu haben ist“.



Quelle:123rf
Sollte man 10 (20, 30, 40) kg abnehmen wollen (müssen), dann spricht man schon von Übergewicht oder sogar Adipositas. Und das heißt ein komplexes Problem – soziales und gesundheitliches.

Durch negative Bewertungen in der Gesellschaft gelten Übergewichtige laut Studien als weniger sympathisch, weniger attraktiv. Das Körpergewicht wirke sich nachweislich auch auf das durchschnittliche Einkommen und berufliche Aufstiegschancen aus. Es soll sogar Kündigungen bei Übergewicht gegeben haben. Laut Arbeitsrechtler sei jedoch eine derartige Kündigung nicht ohne weiteres wirksam. Sie sei nur gerechtfertigt, wenn jemand wegen dem Körpergewicht seine Arbeit nicht mehr verrichten kann. Das müsse der Arbeitgeber aber nachweisen können.

Quelle:123rf
Übergewicht und Adipositas seien auch oft Ausgangspunkt für Folgeerkrankungen  wie erhöhter Blutdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhtes Gicht-Risiko. Sie begünstigen Arthrosen und Rückenschmerzen, durch  die übermäßigen Belastungen der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten.

Was sind die Ursachen von Übergewicht?
Woran liegt es. dass manche Menschen so viel essen, wie sie wollen, ohne dabei zuzunehmen, während andere sehr leicht
ein paar Pölsterchen zulegen, und haben dann  

Schwierigkeiten sie wieder los zu werden?
Übergewicht hat viele Gründe.
Im Allgemeinen wird die Ursache für die Entstehung von Übergewicht in einer übermäßigen Zufuhr an Energie (Nährstoffenergie) gesehen. Deswegen konzentrieren sich die meisten Therapieansätze auf Änderungen in den Ernährungsgewohnheiten der Betroffenen.
Denn die Entstehung von Übergewicht wird offenbar begünstigt, wenn die Energiezufuhr mit der Nahrung den Energieumsatz übersteigt. D. h.: es liegt eine positive Energiebilanz vor.
Durch die Änderung in der Ernährungsgewohnheiten wird demzufolge eine negative Energiebilanz angestrebt, also es soll weniger Energie aufgenommen werden als umgesetzt wird.

Unser Körper gewinnt seine Energie aus den primären Nährstoffen – Kohlenhydraten Fetten, Proteinen.  Sie sättigen unterschiedlich stark. Proteinreiche Lebensmittel machen länger satt, Fett hingegen nur vorübergehend.
Der Sättigungseffekt von Kohlenhydraten hängt anscheinend von der  glykämischen Last (GL) ab. Dieser Parameter berücksichtigt, wie hoch der Blutzuckerspiegel  ansteigt, beim Verzehr einer Portion  Lebensmittel, enthaltend eine bestimmte Kohlenhydratmenge. Die GL ist damit ein Maß der Qualität und Menge der Kohlenhydrate.

Quelle.123rf
Wie schnell und wie lange wir uns satt fühlen, hängt auch vom Blutzuckerspiegel ab. Sinkt der Blutzuckerspiegel, fehlt Energie und wir fühlen uns hungrig. Ein hoher Blutzuckerspiegel hingegen vermittelt das Gefühl satt zu sein.
In diesem Prozess ist der Protagonist das Hormon Insulin. Insulin sorgt dafür, dass Muskel und Fettzellen den Zucker aus dem Blut aufnehmen und so Energie speichern.  Lebensmittel mit hoher GL / Portion)(Cornflakes, weißer Reis) lassen den Blutzucker zunächst schnell und hoch ansteigen, bevor er dann rasch absinkt. Eine niedrige glykämmische Last (Gemüse, Nudeln, Vollkornprodukte) erhöht den Blutzuckerspiegel nur langsam, Er schwankt weniger stark, so dass die Sättigung länger anhält.
Manche Ernährungswissenschaftler sind der Ansicht, dass nicht die absolute Höhe des Blutzuckerspiegels für Sättigung und Hunger entscheidend ist, sondern eben seine schnelle Veränderung. Ein stark abfallender Blutzuckerspiegel scheint schnell wieder Hunger auszulösen. Die  Nahrungs- und Energieaufnahme steigt, wodurch Übergewicht vorprogrammiert ist.
Zudem: das Hormon Insulin steigert zwar die Kohlenhydratverbrennung, schont jedoch nicht nur den Abbau der Fettdepots, sondern  ein ständig erhöhter Insulinspiegel hemmt auch die Bildung der Enzyme, die zur Verwertung der Fettsäuren notwendig sind.

Vor diesem Hintergrund könnte doch ein fettarmes, „gute“  Kohlenhydrate (niedrige GL)  und einen hohen Anteil sättigender Proteine enthaltendes Ernährungskonzept helfen, die Energiezufuhr zu verringern. Mit anderen Worten: Ein Konzept, das einen guten Sättigungseffekt besitzt und somit wenige Kalorien liefert,
Wie das „Schlank im Schlaf“ – Konzept, von Dr. Detlef Pape, der in Essen eine Adipositas Beratungsstelle leitet. Das Konzept ist als dauerhaftes Ernährungskonzept angelegt, und ist auf den persönlichen BMI und persönlichen Energiebedarf abgestimmt. Es soll bereits große Erfolge erzielt haben. Der „Hintergedanke“: eine proteinhaltige Kost am Abend sei für den nächtlichen Fettabbau entscheidend, Für die optimale Nutzung der Schlafphase sieht das Konzept  3 Mahlzeiten pro Tag vor, und zwar mit Kohlenhydraten zum Frühstück, einer fettarmen Mischkost aus Kohlenhydraten und Proteinen zu Mittag und einem proteinhaltigen Abendessen.
Pro Mahlzeit sollen außerdem nicht mehr als 20 g Fett verzehrt werden.
Ganz wichtig: zwischen den Mahlzeiten müssen strenge Esspausen eingehalten werden,  wobei die Esspause eine Dauer von mindestens 5 Stunden betragen soll.

 
Jedoch die so oft festgestellte Widerstandsfähigkeit  von Übergewicht/ Adipositas gegenüber solchen Therapien, die auf Änderungen der Ernährungsgewohnheiten von Betroffenen ansetzen, hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass bei Erforschung der Ursachen genetische Aspekte an Bedeutung gewonnen haben.  
Die Gene!
Mittlerweile haben zahlreiche Studien gezeigt, dass bei der Entstehung von Übergewicht/Adipositas genetische Faktoren  einen Anteil von 60-80% einnehmen. So sollen beispielsweise die Erbanlagen zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme, zu einem verminderten Energieumsatz oder einer bevorzugten Energiespeicherung in Form von Fett führen.
 

Quelle.123rf
Wenn schon nachweislich die Gene das Körpergewicht beeinflussen, da stellten sich die Forscher die Frage, wieso selbst bei eineiigen Zwillingen  häufig einer dick ist, der andere aber dünn.
Der Ausgangspunkt für eine diesbezügliche Forschungsgruppe von Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik  in Freiburg  war ein Modell an Mäusen, bei denen nur eine Kopie des Gens Trim28 vorlag. Obwohl die Mäuse genetisch identisch waren, d. h. sie exakt die gleiche DNA besaßen, wiesen selbst unter streng kontrollierten identischen Umweltbedingungen 2 Gewichtsgruppen auf: sie waren entweder nornalgewichtig oder litten an Übergewicht.  Da die Mäuse genetisch identisch waren, konnte das „Phänomen“ nicht an den Genen selbst liegen, sondern an äußeren Faktoren, die die Aktivität eines Gens beeinflussen und vererbbar sind, ein "epigenetisches" Phänomen, (grch.epi=dazu, außerdem und Genetik, „zusätzlich“ zur Genetik). 

Quelle:123rf
Beim Vergleich der beiden Gewichtsgruppen ergab sich, dass die Entwicklung von Übergewicht/Adipositas mit der verminderten Aktivität bestimmter Gene einhergeht, die zu einem Netzwerk besonderer Art gehören: imprinted genes. Es sind Gene, bei denen entweder nur die von der Mutter stammende oder die vom Vater stammende Version aktiv ist. Als die Forscher die Aktivität der Gene im Netzwerk reduzierten, entstanden wieder entweder normal- oder übergewichtige Mäuse.
Diese Ergebnisse legen laut Forscher nahe, dass das Netzwerk wie eine Art Lichtschalter funktioniert: entweder an oder aus – entweder normal oder übergewichtig. Und der Schalter gibt es offenbar auch bei Menschen, wie ein Vergleich von 18 Kindern, die an der Uniklinik Leipzig wegen einer Adipositas  in Behandlung waren, mit schlanken Kindern ergab.
Die Entdeckung  der Funktionsweise dieses epigenetischen Schalters eröffnet neue Möglichkeiten für zukünftige Therapien.  Dank diesem an- und ausschaltbaren Schalter werden wir womöglich selbst Gene  beeinflussen können, etwa durch Ernährungsänderung, Stressminimierung oder Medikamente. Und so „das Problem Übergewicht dauerhaft auf Normalgewicht umschalten“ - wie der Leiter der Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut in Freiburg sagte.


Heißt es nun „aufatmen“ für 40 Millionen Übergewichtige in Deutschland? Die Gene sind schuld. Abwarten bis der G-Schalter umgelegt wird.
Noch nicht!
Vielleicht zum ersten Mal im Leben ein negativ orientiertes Ziel verfolgen -  eine negative Energiebilanz in der Nahrung -  um etwas Positives zu erreichen.

Und die Hoffnung nicht aufgeben! Je mehr wir wissen, umso mehr werden wir wissen, was wir tun sollen. Oder?