Ein PLACEBO ist bekanntlich das einem Arzneimittel nachgebildete Präparat, das jedoch keine Arznei enthält. Gelingt es, alles aus diesem (fast) NICHTS herauszuholen, was nicht im eigentlichen Sinne eines Wirkstoffes drin war, dann kann es dennoch bei seiner Verabreichung eine reale Wirkung eintreten.
So könnte man an einem PLACEBO (lat. „es wird mir gefallen“) mehr als nur Gefallen finden.
Neuere Studien belegen, dass Placebo nicht nur in der klinischen Forschung als Kontrollgruppe eine zentrale Rolle spielt, sondern (in unterschiedlichster Form) auch in der therapeutischen Praxis an Bedeutung gewinnen könnte. Der Grund: Placebo-Effekte, möge sie auch so eigenartig klingen, kommen tatsächlich vor.
Es ist beispielsweise aus der klinischen Forschung bekannt, dass wenn die Ärzte wissen, welche Probanden das Placebo erhalten, ist es in dieser Gruppe weniger wirksam. Daher werden meistens Doppelblinde-Studien angelegt. Hier wissen weder Probanden noch Ärzte wer das echte Medikament erhalten hat.
Im therapeutischen Alltag belegen Erkenntnisse die mögliche Beeinflussung des Placebo-Effekts durch den Namen des Präparats, die Form oder Art der Verabreichung.
Je komplizierter der Name und die Anweisungen des Präparats sind, desto größer sei der Heilerfolg.Die Ansprechrate ließe sich dadurch von 20% bis auf 70% steigern.
Sehr kleine oder sehr große Tabletten sollen besser wirken als mittelgroße, rote Tabletten würden besser helfen als weiße, eine Spritze wirke besser als Tabletten.
Sogar die unbewusste Annahme, dass eine Pille, ein Saft, eine Salbe u. a.m. einem helfen wird, führt meistens zu einer positiven Einstellung zu dem PLACEBO (wie zu einem Medikament). Ist die Hoffnung groß, ist auch der Placebo-Effekt groß. Eine bewusste Erwartungshaltung werde allerdings durch den Arzt verstärkt, der die Therapie begründet und verschreibt.
In einer aktuellen Stellungnahme hat sich auch der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer (BÄK) grundsätzlich dafür ausgesprochen, die Erkenntnisse der Placeboforschung in den therapeutischen Alltag zu integrieren und für die Optimierung der Standardtherapien zu verwenden.
Die Wissenschaftler erörtern in ihrer Stellungnahme, dass die Mechanismen des Placebo-Effekts nur teilweise geklärt sind. Jedoch zeige eine der wichtigsten durch Studien belegte Erkenntnis, dass der Placebo-Effekt hirnphysiologisch und anatomisch lokalisiert ist. Vor allem soll die Aktivierung der Stirnlappen die Wirkungsweise des Placebo-Effekts erklären können.
Auch wenn die BKÄ- Experten die bewusste Anwendung von Placebos als durchaus vertretbar ansehen, weisen sie zugleich darauf hin, dass im Einzelfall dem Patienten keine wirkungsvolle Pharmaka-Therapie vorenthalten werden darf. Zudem müsse der Patient über die Placeboanwendung aufgeklärt werden.
Und für einen möglichst wirksamen Einsatz eines Placebos in der ärztlichen Praxis wird in der Stellungnahme die hohe Wertigkeit der zwischenmenschlichen Beziehung von Arzt und Patient unterstrichen.
In einem durch Vertrauen und Mitempfinden gekennzeichneten Arzt-Patient-Verhältnis könne laut BKÄ ein ausgelöster Placebo-Effekt erwünschte Arzneimittelwirkungen maximieren, unerwünschte Wirkungen reduzieren und zur effizienteren Nutzung der finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen beitragen.
Dafür müsse der Arzt den Patienten UND seine Erkrankung verstehen, ihm ärztliches Fachwissen erklären und „übersetzen“, gebotene Fürsorge walten lassen, Lösungswege aufzeigen - kurzum mehr Zeit für ärztliche Gespräche aufbringen.
Gut zu wissen, dass wir das Zeitalter der aufkommenden Telematik im Gesundheitswesen erleben und dadurch in naher Zukunft nicht mehr dem wachsenden Zeitdruck im ärztlichen Tätigkeitsfeld ausgesetzt sind.
Die Gesundheitstelematik in ihrer Gesamtheit (Stichwort: elektronische Gesundheitskarte, elektronische Patientenakte, elektronischer Arztbrief oder eRezept) trägt laut Experten dazu bei, unnötige Doppeluntersuchungen zu vermeiden, die Verordnung ungeeigneter Arzneimittel zu reduzieren und Arbeitsabläufe zu optimieren. Durch diese Maßnahmen soll das ärztliche Gespräch gegenüber der heutigen Bewertung diagnostisch-technischer Befunde an Bedeutung gewinnen.
In einer verbesserten Arzt-Patient-Beziehung könnte dann der Patient mit dem Arzt sprechen…..auch über den Einsatz von (fast) NICHTS mit seinen anscheinend vielfältigen positiven Wirkungen für die therapeutische Praxis.
Also, nur nicht die Hoffnung aufgeben! Denn
„Null UND Unendlich sind die mathematischen Pole des Nichts“
Jürgen Raap
freier Schriftsteller, Journalist und Kunstkritiker