Dienstag, 30. Juni 2020

Die Kennzeichnung von verpackten Lebensmitteln, die auf einen Blick Wissen schafft

Die Kennzeichnung von Lebensmittelverpackungen sollen uns einen erleichterten Umgang mit gesundheitsrelevanten Lebensmitteln vermitteln.
Die Regelungen zu diesem Zweck finden bekanntlich ihren Niederschlag in der am 13.12.2014 i. Kr. getretenen LEBEBNSMITTEL- INFORMATIONSVERORDNUNG (LMIV). Ausnahme: die tabellarischen Nährwertkennzeichnung, die erst am 13. 12. 2016 verbindlich wurde.
Diese Regelungen enthalten: PFLICHTANGABEN wie die Bezeichnung des Lebensmittels, die Zutaten des Lebensmittels einschließlich der wichtigen Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, das Minderhaltbarkeits- oder Verbrauchsdatum. die Nettofüllmenge, der Firmennamen, die tabellarische Nährwertkennzeichnung, wobei die Tabelle mit Nährwertkennzeichnung, muss Angaben zum Energiegehalt und zu den Mengen an Kohlenhydraten, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren, Eiweiß und Salz enthalten, und zwar immer bezogen auf 100 g oder 100 ml. Hinzu kommt eine Reihe von FREIWILLIGEN ANGABEN wie die Allgemeinen Pflichtangaben, spezielle Pflichtangaben, freiwillige Angaben, die Unternehmen bereitstellen, Güte /Qualitäts-Siegel, die Orientierung bieten sollen. Weiterhin gestattet sind „Regionale Fenster“, die die regionale Herkunft des Produktes kenntlich machen sollen.

Ob diese Fülle von Angaben eine schnelle Orientierung bieten, den gesundheitlichen Wert eines Lebensmittels zu beurteilen, ist zu bezweifeln.
Eigentlich gab es schon Anfang der 2000er Jahre Experten, die sich für eine verbindliche farbliche Nährwertkennzeichnung einsetzten - die Ampelkennzeichnung. Dabei wurden die Farben GRÜN, GELB und ROT, ergänzt durch Zahlenwerte für den jeweiligen niedrigen, mittleren oder hohen Gehalt des entsprechenden Nährstoffes verwendet.
Da eine EU-weite farbkodierte Kennzeichnung aber nicht zustande kam, haben manche Länder Ampelkennzeichnungen auf nationaler Ebene als freiwillige Angabe eingeführt. So die britische Multiple Traffic Light- Kennzeichnung  aus 2004, Multiple Traffic Light, da die Verpackung mehr als 3 Zeichen aufweisen kann. Es zeigt 4 verschiedene Nährwertangaben, nämlich Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz, manchmal auch den Brennwert / den Kaloriengehalt.
In der britischen farbcodierten Kennzeichnung bedeutet ROT kein Verbot, sondern Empfehlung für einen mäßigen Konsum dieser Nährstoffe, GELB – meistens eine richtige Wahl und GRÜN- die bessere Alternative.

Kennzeichnugsmühlen mahlen langsam!
Damit auf einen Blick klar ist, ob ein Fertiggerichtgesund ist oder viel Fett, Zucker und Salz enthält, setzte Frankreich mehr als 10 Jahre später (2017)  den so genannten NUTRI-SCORE ein.
Auch Belgien, Spanien, Portugal, Schweiz und Luxemburg nutzen dieses Label.

Im Gegensatz zur britischen Kennzeichnung bei der die einzelnen Nährstoffe Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz bewertet werden, bewertet NUTRI-SCORE die Zusammensetzung eines gesamten Lebensmittels /eines Produkts.
Dafür gibt es eine Farbskala mit einer 5-stufigen farblicher Abstufung, 


Hinter des Farbskala mit hervorgehobenen A im dunkel grün unterlegten Bereich für gesunde Lebensmittel bis zum hervorgehobenen E im dunklen rot unterlegten Bereich für ungesunde Lebensmittel  steht die Nährwert-Bewertung seiner Inhaltsstoffe, ausgedrückt durch eine Punktzahl.
Die Gesamtpunktzahl eines Produkts ergibt sich dann aus der Differenz zwischen der Punktzahl ungesunder Nährstoffe wie Energiegehalt, Zucker, gesättigte Fettsäuren und Salz (Natrium) und der Punktzahl gesunder Nährstoffe wie Obst, Gemüse, Nüssen, Ballaststoffe und Proteine:

Die Gesamtpunktzahl eines Produkts  =
Summe der Punktzahl ungesunder Nährstoffe- Summe der Punktzahl gesunder Nährstoffe.

Die Zuordnung der Buchstaben erfolgt  dann aufgrund einer Skala von -15 bis +40
Gesamtpunktzahl
Lebensmittel
Gesamtpunktzahl
Getränke
NUTRI - SCORE®
- 15 bis - 1
Wasser
    0 bis 2
  1
    3 bis 10
2 bis 5
   11 bis 18
6 bis 9
   19 bis 40
10 bis 40


Die Entscheidung für NUTRI-SCORE fiel in Deutschland am 30.09.2019, nach dem das Max-Rubner-Institut zu dem Ergebnis kam, dass unter vergleichbaren Kennzeichnungen NUTRi-SCORE ein Wissen schaffen kann, das Verbrauchern ermöglicht, den gesundheitlichen Wert eines Lebensmittels einfacher zu beurteilen und sich dadurch gesünder zu ernähren.
Zudem fand NUTRI-SCORE bei einer Verbraucherbefragung eine 89% Zustimmung.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erklärte NUTRI-SCORE zu einer Kennzeichnung, die zu den sogenannten ERWEITERTEN NÄHRWERTKENNZEICHNUNGEN  gehört.

Lebensmittelherstelle können ihre Produkte freiwillig mit dem NUTRI-SCORE kennzeichnen.
Und viele tun es. Im Rahmen einer Recherche der Verbraucherzentrale Hamburg konnte NUTRI-SCORE für rund 1.000 Produkte gefunden werden – vor allem auf Websites, aber auch auf den Verpackungen direkt.
So beispielsweise: Stand 12.05.2020
                                                                                                                                                                                                                                                                            
Hersteller
Nutri-Score auf Etikett?
Nutri-Score auf Website?
Weitere Hinweise zur Umsetzung des Nutri-Scores
Alpro
75 von 88
 
 alle Produkte (73)
bis Ende 2020 auf allen Verpackungen
Bofrost
318 von 540
 
alle Produkte (540)
Nährwertbroschüre und eine Filterfunktion „Nutri-Score“ auf Website, neue Verpackungen nur noch mit Nutri-Score 
Bonduelle
53
88
bis Januar 2021 auf allen Verpackungen
Danone
102 ( > 95% der Produkte)
ja, teilweise
bis November 2020 sollen alle Produkte den Nutri-Score tragen
Harry Brot
3 (Neueinführungen)
ja, selten
bis Mitte 2021 auf allen Verpackungen
Iglo
knapp 50 (ein Drittel der Produkte)
alle Produkte (137)
bis Mitte 2021 auf allen Verpackungen
McCain
9 von 24
alle Produkte (24)
schrittweise Umsetzung, Zeitraum nicht konkretisiert
Mestemacher
teilweise, genaue Anzahl unbekannt
43
bis Mitte 2021 auf allen Verpackungen
Netlé
39 (vor allem bei Wagner, Garden Gourmet, Cerealien und Maggi)
ja, selten
 
bis Mitte 2022 auf allen Verpackungen



Aber wenn auch die Bundesregierung den NUTRI-SCORE offiziell in Deutschland erlaubt, bedeutet das noch nicht, dass anschließend alle Produkte ein vereinfachtes Nährwertlogo auf der Vorderseite tragen. Die Verwendung bleibt den Herstellern freigestellt. Eine entsprechende Verordnung soll laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Herbst 2020 in Kraft treten , um damit NURI-SCORE in Deutschland einzuführen.
Was noch aussteht, ist die Kennzeichnung europaweit verpflichtend zu machen, um einen europäischen Flickenteppich unterschiedlicher Darstellungen zu verhindern. Sie würden kaum helfen, Zusammensetzungen und Inhaltsstoffe leicht zu bewerten und Produkte miteinander zu vergleichen.
Die EU-Kommission habe angekündigt, bis 2022 zu einer verpflichtenden einheitlichen erweiterten Nährwertkennzeichnung kommen zu wollen, ein konkretes Modell sei bisher nicht vorgeschlagen.

Bis dahin das nachstehende Kärtchen der Verbraucherzentrale ausdrucken und es ins Portemonnaie mitnehmen. Beim Einkauf  können dann die Angaben aus den Nährwerttabellen auf der Verpackung eines Lebensmittels mit den Angaben auf dem Kärtchen verglichen werden.