Sonntag, 27. Oktober 2024

Die Genanalyse als prägendes Merkmal des Lifestyles 4.0

 Umgangssprachlich bezeichnet man den Lifestyle als die charakteristische Art und Weise das Leben zu gestalten. Das bezieht sich auf Merkmale wie Wohnort, Wohnstil, Mode, Freizeitpräferenzen, aber auch auf den beruflichen und familiären Lebens-Stil. Mit diesen Merkmalen – welche die Vorstellungen der meisten von uns wiedergeben - kann der Lifestyle einen Menschen mit anderen verbinden, oder - wegen der Vielfalt ihrer Gestaltungsmöglichkeiten - einen Menschen von anderen abgrenzen.  

Es gibt ein Merkmal des Lifestyles, dem sich alle anderen Merkmale unterordnen: die GESUNDHEIT!
Und „Gesundheit ist eng mit individuellen und kollektiven Wertesystemen und Verhaltensmustern verbunden, die sich in persönlichen Lebensstilen manifestieren.  Es handelt sich um einen Gleichgewichtszustand, der im Laufe des Lebens kontinuierlich aufrechterhalten werden muss“- sagt der Wissenschaftler Klaus Hurrelmann.
So gesehen ist Gesundheit ein prägendes Merkmal des Lifestyles, das Vorstellungen der meisten von uns wiedergibt, aber gleichzeitig auch ein Merkmal, das abhängig von Alter, Geschlecht, Bildung und kulturellem Hintergrund stark variiert.

Nun bezüglich dieses Merkmals unterscheidet sich der Lifestyle des beginnenden 21. Jahrhunderts gewaltig von den Lifestyles der Vergangenheit. Spricht man heute von der Industrie 4.0, Arbeitswelt 4.0, so kann man ruhig auch von dem LIFESTYLE 4.0 reden.

Denken wir an die Medikamente. Wir haben heute nicht nur klassische Medikamente, sondern auch LIFESTYLE-MEDIKAMENTE.
Ein Blick in ein Fachlexikon lehrt uns, dass „ein LIFESTYLE-MEDIKAMENT (eigentlich) ein Arzneimittel ist, das (aber) primär nicht zur Bekämpfung einer Erkrankung, sondern zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit oder des allgemeinen Wohlbefindens dient“.
Arzneimittel wie die Pille, die Potenzpille Viagra, Medikamente zur Raucherentwöhnung, Medikamente für die Gewichtsreduktion, Medikamente gegen Haarausfall, Medikamente für die Faltenglättung oder Faltenfüller, Nahrungsergänzungsmittel können demnach als LIFESTYLE-MEDIKAMENTE gelten.

Eine Grenze zwischen einem „wahren“ Medikament und einem LIFESTYLE-MEDIKAMENT zu ziehen, ist schwierig, genauso wie zwischen Erkrankung und Einschränkung körperlicher Leistungsfähigkeit oder des Wohlbefindens, unter dem auch die Seele fällt.
Sind beispielsweise Mittel zur Erreichung und Haltung des WOHLFÜHLGEWICHTS – d.h. eines vom Idealgewicht abweichenden gesundheitlich unbedenklichen Körpergewichts eines Menschen, das seinen persönlichen Bedürfnissen entspricht - LIFESTYLE-MEDIKAMENTE oder wahre Arzneimittel? Übergewicht ist eine Volkskrankheit geworden, von der ca. ein Drittel der Bevölkerung befallen ist. Und in einer aktuellen Studie der WHO sprechen die Forscher von einer „Übergewichts-Krise enormen Ausmaßes“.

Was unseren Lifestyle mit Bezug auf das Merkmal Gesundheit nicht zum Lifestyle 3.0 sondern direkt zum LIFESTYLE 4.0 katapultiert hat, ist die GENANALYSE / die Genomik!
Wie ein Beben der Stärke 10 erschütterte eine Nachricht die Welt des Jahres 2001: Die Forscher wagten sich an das im Zellkern befindliche Erbgut des Menschen, wagten sich an das GENOM und das menschliche Genom wurde entschlüsselt!
Das GENOM des Menschen ist auf Chromosomen aufgeteilt, von denen jeder Mensch, in jeder seiner Körperzelle 2-mal 23 an der Zahl hat.
Die sind nichts anderes als lange Stränge von DNA/DNS (Desoxyribo-Nucleic-Acid / Desoxyribo-Nuklein-Säure). Und die Genomanalysen erfassen und analysieren sämtliche DNA-Sequenzen des entsprechenden Organismus.
Ihr Molekül - die so genannte „Doppelhelix" - besteht aus 2 langen, miteinander verwundenen Ketten aus Zucker und Phosphat, an denen die 4 Basen ADENIN, THYMIN,  CYTOSIN und GUANIN aufgereiht sind.
Und in der Anordnung von A, T, C, G ist die genetische Information verschlüsselt.

Die heutigen Genanalysen werden zu unterschiedlichsten Zwecken durchgeführt, so
z.B.:
- Bestimmung des genetischen Fingerabdrucks
in Bereichen wie Kriminalistik, Vaterschafts- bzw. Abstammungsfragen. Blut, verschiedene Körpersekrete, Haare, Knochen sind die DNA-Quellen.
Analysiert werden nur bestimmte Abschnitte der DNA, die Marker. Die Analyse-Ergebnisse werden computergesteuert in Zahlenkombinationen übersetzt. Diese sind für jeden Menschen unterschiedlich. Im Gegensatz zu den DNA-Analysen, bei denen Gene aus den kodierten DNA - Bereichen untersucht werden, lässt der durch Marker-Analyse ermittelte Zahlencode keine Rückschlüsse über etwaige Krankheiten zu.
Diese Bestimmung hat die klassische Fingerabdruck-Bestimmung oder die Bestimmung von Blutgruppenmerkmalen in diesen Bereichen komplett verdrängt. Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse liegt in der Regel über 99,99;
- Aufklärung einer bereits bestehenden Krankheit auf der Basis genetischer Grundlagen
Im Rahmen der Erforschung genetischer Grundlagen von Krankheiten hat sich die Existenz von zwei Arten von Krankheit herausgestellt: „monogene Krankheiten“, die durch einen Defekt in einem einzelnen Gen bedingt sind/ u.a.  Mukoviszidose, Muskelschwund, und „polygene Krankheiten“, die auf Defekte auf mehr als ein Gen zurückgehen /wie Alzheimer, Multiple Sklerose.
Laut den Genomforschern soll sowohl im Falle einer monogenen Krankheit auch im Falle einer polygenen Krankheit die Vererbung eine Rolle spielen;
- Genom-geschneiderte Therapie
Genanalysen ermöglichen eine individuell abgestimmte Arzneimittel-Therapie, mit der die gewünschte Wirkung eher zu erreichen ist als bei einer Standardtherapie. In einen Computer, mit entsprechender Software hinsichtlich aktueller Forschungsergebnisse ausgestattet, tippt der Arzt die Diagnose des Patienten.
Ergebnis: Medikament A sollte verschrieben werden, weil Medikament B viele Nebenwirkungen hat und C unwirksam ist. So weit sind wir noch nicht, aber der Anfang ist gemacht.
In der Krebstherapie wird die Genom-geschneiderte Therapie bereits in Ansätzen verwirklicht.
Durch DNA-Sequenzierung kann eine detaillierte Karte des Genoms einer Person erstellt und dann nach Veränderungen von Genen gesucht werden, die potenzielle Risiken aufzeigen. Insbesondere für einige Krebsarten sind genomische Veränderungen innerhalb der Krebszellen bekannt, die nachweislich das Wachstum eines Tumors antreiben. Lässt sich am bestimmten Gen eine bestimmte Veränderung nachweisen, raten die Ärzte von einer Chemotherapie ab. Bei einer anderen DNA – Veränderung, die andere Schlüsse für die Art der Tumoren zulässt, raten die Ärzte eher zur Chemotherapie statt zur Strahlentherapie, weil diese Tumoren gut auf Medikamente ansprechen. Damit bleiben dem Patienten schwere Nebenwirkungen unnötiger Therapien erspart.

Mit Gen-Daten gewappnet kommen auch andere auf ihre Kosten: der Arzt erhalt neue Diagnose- und Therapie- Möglichkeiten, weniger Behandlungsfehler können die Kosten senken und der Pharmaindustrie erschließen sich neue Märkte.
Schöne neue Welt, deren gesellschaftlicher Lifestyle durch ein prägendes Merkmal gekennzeichnet ist. Der Code des Merkmals: ATCG


 A, T, C, G - der Code, der unseren Organismus zusammenhält!
Ihn immer besser zu verstehen, ihn immer weiter zu entschlüsseln wird unsere Zukunft maßgeblich beeinflussen
Bilder-Quelle: AdobeStock