Mittwoch, 12. Juli 2017

Genetische Selbstsanierung: Autophagie

Gesundheit, Wohlbefinden, Traumfigur! Nichts leichter als das, durch Bewegung und Ernährungsumstellung.

Quelle: 123rf
Die  Ernährungsumstellung bedeutet Diät und Diät-Konzepte gibt es heutzutage wie Sand am Meer, so dass die Wahl der richtigen Diät zur Qual werden kann: anabole Diät, negativer Kalorien-Diät, Volumetrics, South-Beach-Diät, Hollywood /Star- oder Japan-Diät, Vollweib -oder Mond / Tierkreiszeichen-Diät … Und dann gibt es die verlockendste von allen: Die  „Schlank im Schlaf“- Diät auch Insulin-Trennkost-Diät genannt.

Dem Konzept von „Schlank im Schlaf“- Diät liegt die Erkenntnis zugrunde, dass sich überflüssiges Körperfett am einfachsten in der Schlafphase verbrennen lässt. Um diese Phase optimal zu nutzen, sind allerdings strenge Regeln zu berücksichtigen. Entscheidend ist dabei, WAS man isst -Lebensmittel, die eine geringe Insulinausschüttung hervorrufen, WANN man isst - Verzehr von 3 Mahlzeiten am Tag, verbunden mit dem Hinweis, dass mindestens fünfstündige Nüchternphasen zwischen den Mahlzeiten PFLICHT sind.

Dieses KURZZETFASTEN, die WIEDRKEHRENDEN PHASEN des NICHTESSENS in dem „Schlank im Schlaf“- Konzept legen den Gedanken an AUTOPHAGIE nahe.
Es geht dabei um einen der wichtigsten Vorgänge im menschlichen Organismus, eine genetische Selbstsanierung der Zellen, um gesunde Verhältnisse zu erhalten bzw. zu schaffen.

Die Bezeichnung AUTOPHAGIE beruht auf den Erkenntnissen des belgischen Wissenschaftlers Christian de Duve. Er entdeckte in den 1970-er Jahren, dass sich in den Zellen aller Organismen ein als LYSOSOM bezeichnetes Organell - ein kleines Organ, ein „Organchen“- befindet, das aufgrund der enthaltenen Enzyme in der Lage ist, Zellinhalte zu verdauen.
So können LYSOSOME  z. B. Kohlenhydrate, Fette, Proteine zerlegen oder beschädigte Bausteine der Zelle abbauen. Die Endprodukte werden dann entweder zur Energiegewinnung benutzt oder dienen der Erneuerung der Zellen.
Diesen Selbstverdauungsprozess der Zellen nannte de Duve AUTOPHAGIE, (aus dem Grch. „autos“ = selbst, „phagein“ = fressen).
Über den Mechanismus des Vorgangs wusste man damals lediglich, dass die zur AUTOPHAGIE bestimmten Zellbestandteile zunächst von Zellmembranen umschlossen werden, was zur Bildung einer Art von Bläschen, zu sogenanntem AUTOPHAGOSOM, führt. Dieses fusioniert dann innerhalb von Minuten mit dem LYSOSOM, das die AUTOPHAGIE- Enzyme enthält.

Nun, was hat dieser Mechanismus mit der „Schlank im Schlaf“- Diät zu tun?
Die Antwort findet sich in den langjährigen Arbeiten des Japaners Yoshinori Ohsumi auf dem Gebiet der AUTOPHAGIE, der 2016 für diese Tätigkeit mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde.

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Yoshinori Ohsumi und seine Mitarbeiter zeigten, dass die AUTOPHAGIE - Prozesse einer ständigen genetischen Kontrolle unterliegen und waren die ersten, die die entscheidenden AUTOPHAGIE-Gene benannten.

Aus der Erforschung dieser Gene konnte ein genauerer Ablauf der  AUTOPHAGIE erklärt werden.
So wurde beispielsweise erkannt, dass ein MANGEL an NÄHRSTOFFEN die AUTOPHAGIE - Gene zur Bildung von AUTOPHAGOSOMEN anspornt, die dann ihre Ladung den LYSOSOMEN zum enzymatischen Abbau abliefern. Die AUTOPHAGIE wird kräftig angekurbelt.
Bei einem MANGEL an NÄHRSTOFFEN – wie in dem „Schlank im Schlaf“-Konzept mit seinen zur Pflicht auserkorenen stundenlangen Abständen zwischen den Mahlzeiten - erhält der Körper das Signal, dass nicht ausreichend Energie von außen zugeführt wird und somit eine Selbstverdauung notwendig ist. Mit diesem Prozess bauen unsere Körperzellen zur Energiegewinnung eigene unbrauchbare / beschädigte Zellbestandteile ab, ähnlich der Energiegewinnung aus Fettreserven bei einem Kaloriendefizit. Mit immer wiederkehrenden Phasen des Nichtessens kann eine Selbstreinigung vollzogen werden, eine „Entschlackung“ findet statt und Übergewicht hat keine Chancen.                                                                                      

Heute weiß man, dass diese genetische Selbstsanierung namens
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AUTOPHAGIE nicht nur für Energiegewinnung und Erneuerung der Zellen sorgt, sondern auch dafür, beschädigte Zellbestandteile unschädlich zu machen. So ist sie z.B. imstande die in Stoffwechsel überarbeiteten Mitochondrien /die Kraftwerke unserer Zellen, die mehr schädliche Sauerstoffradikale als Energie produzieren, abzubauen.

Die AUTOPHAGIE kann auch Bakterien und Viren umschließen, der Verdauung durch LYSOSOMEN zuführen und somit unschädlich machen..

Aber 1: Defekte AUTOPHAGIE-Gene können allerdings weitreichende Folgen haben. Von Krankheiten wie Diabetes, Atherosklerose, Rheuma, Krebs, Parkinson, Alzheimer ist die Rede.
Aber 2: Die abbauenden und aufbauenden Prozesse der AUTOPHAGIE müssen im Gleichgewicht sein. Mit zunehmendem Alter beispielsweise kann das Gleichgewicht zwischen abbauenden und aufbauenden Prozessen der AUTOPHAGIE ins Ungleichgewicht geraten. Und ein Ungleichgewicht hat zur Folge, dass die Zelle in ihrer Funktion eingeschränkt oder funktionsunfähig wird.

Dank der Grundlagenforschung von Yoshinori Ohsumi sind mittlerweile Maßnahmen bekannt, die unterstützend auf die  AUTOPHAGIE einwirken können:

1.    Phasen mit Nährstoffmangel /periodisches Fasten / Intermittierendes Fasten
2.    Physischer Stress (Sport: sowohl Kraft- als auch Ausdauertraining)
3.    Kalorienrestriktion (ein chronisches, leichtes Kaloriendefizit)

Ein Zyklus des periodischen Fastens / des intermittierenden Fastens wird in zwei Perioden unterteilt: die Fastenperiode und die Essensperiode. Dieser Zyklus läuft mehrmals wöchentlich ab.
Die Essens- und Fastenphase können von der Länge (was für einen Stundenrythmus wähle ich) und der Art (was darf ich essen/ trinken in der Fasten/ Essenperiode) verändert werden. Es gibt verschiedene Ansichten und Theorien dazu, welche Fastenlänge optimal ist. Wie schon erwähnt, das „Schlank im Schlaf“- Konzept sieht eine 5-stündige Essenspause vor, andere Experten nehmen an, dass die AUTOPHAGIE ab einem Zeitraum von 14- 17 Stunden beginnt.

Nur durch ständige Wartung, Abbau beschädigter Bestandteile und anschließender Reparatur ist es möglich, die Zellfunktion aufrecht zu halten. Diesen Prozess kann man durch Sport aktiv unterstützen.
Beim Krafttraining zum Beispiel wird die Muskulatur angegriffen und es entstehen Mikrorisse.
In Folge dessen ist der Muskel nach dem Training leicht beschädigt.
Die beschädigten Fragmente werden durch AUTOPHAGIE abgebaut und bei der nächsten Zufuhr von Nährstoffen kehrt sich dieser Prozess um und die beschädigten Bestandteile des Muskels werden umso stärker wieder aufgebaut.

Was  die Kalorienrestriktion angeht: sie sei  mit Vorsicht zu genießen.
Bei einer langanhaltenden Diät mit starkem Kaloriendefizit oder langem Fasten kann der Körper ab einem Punkt nicht mehr genügend Energie für die Zellfunktion bereitstellen und folglich wird diese eingeschränkt. Hält diese Unterversorgung zu lange an, wird nicht nur Fett abgebaut, sondern auch Muskulatur zu der auch der Herzmuskel gehört.                                      

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Nicht, dass der Eindruck entsteht, viel und häufiges Essen könnte die AUTOPHAGIE begünstigen.
Ein hoher Kalorienüberschuss bedeutet konstant erhöhter Insulinspiegel, was die AUTOPHAGIE hemmt. Denn darüber wird dem Körper signalisiert, dass ausreichend Energie zugeführt wird und er keine eigenen Energiereserven  abbauen muss. Unerwünschte Pölsterchen können entstehen, Übergewicht kann  begünstigt werden.

Einigen Forschern ist es gelungen, Nahrungsmittel und verschiedene Substanzen zu identifizieren, die der genetischen Sanierung Beistand leisten könnten.
Das allseits geliebte Getränk KAFFEE  sei ein derartiger AUTOPHAGIE-Unterstützer. Das Getränk habe bei verschiedenen metabolischen Erkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes oder Störungen des Fettstoffwechsels, äußerst positive Auswirkungen. So soll es innerhalb von einer bis vier Stunden nach dem Konsum von Kaffee zu einer starken Ankurbelung der AUTOPHAGIE  in allen untersuchten Organen. Dies gelte auch für entkoffeinierten Kaffee. Dies  ließe den Schluss zu, dass die Ankurbelung der AUTOPHAGIE  nicht auf Koffein, sondern auf die sekundären Pflanzenstoffe im Kaffee, die sogenannten Polyphenole zurückzuführen ist. Aber Vorsicht: Keine Kuhmilch in den Kaffee geben, denn tierisches Eiweiß soll die AUTOPHGIE hemmen. Nur schwarz oder mit einer pflanzlichen Alternative wie z. B. Mandelmilch genießen!

Die AUTOPHAGIE ist ein sehr komplexer Prozess und derzeit noch immer nicht vollkommen erforscht.
"Die Arbeit von Yoshinori Ohsumi hat das Verständnis dieses lebenswichtigen Prozesses dramatisch verändert", hieß es in der Begründung des Nobelpreiskomitees. "Aufgrund von Yoshinori Ohsumis bahnbrechenden Entdeckungen wird heute die Bedeutung von Autophagie in der menschlichen Physiologie und bei Krankheiten gewürdigt."
Ein immer besseres Verständnis molekularer Vorgänge durch weitere intensive Forschung wird Wissenschaftler imstande versetzen, gezielte Anwendungen pharmakologischer Wirkstoffe oder natürlicher Substanzen zur Verfügung zu stellen, welche die AUTOPHAGIE in allen Lebenslagen unterstützen.

Bis dahin: Für Gesundheit, Wohlbefinden und eine Traumfigur auf ein AUTOPHAGIE -entsprechendes-Essverhalten achten! Das bedeutet, periodisches Fasten in sein Leben zu integrieren. Dadurch kommt es zu einem verbesserten Zucker- und Fettstoffwechsel, die Muskelmasse wird nicht abgebaut und sogar der befürchtete Jo-Jo - Effekt kann vermieden werden.
Und als zusätzliche Maßnahme neben Sport, die unterstützend auf die  AUTOPHAGIE einwirken kann: Kaffee schwarz genießen!

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